Mit dem Jugenddrama „Give a Boy a Gun“ thematisiert die Jugendgruppe des Theaters Pur Gewalt und Mobbing an der Schule. Das Stück ist eine große Herausforderung.
Norderstedt. Sie lauern ihm auf. Sie kesseln ihn ein, misshandeln ihn, blamieren ihn vor seiner Freundin. Denn er ist nicht wie sie. Kein Rabauke. Kein Draufgänger. Sondern ein Denker. Einer, der abseits steht. Der einfach nur seine eigenen Wege gehen will. Das nehmen sie übel. Bis auch er übel nimmt. Und in seiner Verzweiflung über das Mobbing und die Gewalt der anderen auch zur Gewalt greift. Und zur Waffe. Amok läuft in seiner Schule. Seinem ärgsten Widersacher die Kniescheibe zerschießt. Dann richtet Gerhard sich selbst. Auch Ben ist kein Cliquen-Clown. Auch ihm reicht das Mobbing. Und das Leben sowieso. Gerhard stirbt bei dem Amok-Lauf. Ben fällt ins Koma. „Give a Boy a Gun“ heißt das Jugenddrama von Morton Rhue, der auch das Stück „Die Welle“ schrieb.
Die Jugendgruppe des Norderstedter Amateurtheaters Pur bringt es jetzt auf die Bühne. Bei der Premiere im Norderstedter Kulturwerk erhob sich das Publikum und applaudierte ergriffen.
Seit zehn Monaten haben sich die Jugendlichen um das Regie-Duo Julia Grünke und Daniel Dekkers auf das Stück vorbereitet.
„Das Stück ist eine große Herausforderung, und ich habe mich in die Rolle der Annika voll hinein versetzt“, sagt Sophie Hubrich. Sie habe zwar versucht, das Thema nicht ihren Alltag dominieren zu lassen, doch „wenn ich traurige Musik höre, sind meine Gedanken sofort im Stück.“ Die Schülerin der neunten Klasse des Norderstedter Lessing-Gymnasiums sei aber noch nicht mit Mobbing konfrontiert worden.
„Die Rollen umzusetzen, war relativ einfach, weil es keine Fantasie-Figuren waren. Aber hier muss man viel Distanz zu dem Stück aufbauen, damit es nicht ins echte Leben springt“, sagt Florian Schmieder, der den Amok-Schüler Ben spielt und auch aufs Lessing-Gymnasium geht.
„Die Rolle wurde mir immer unsympathischer, denn ich spiele den Fiesling Sam Schmitz, den Anführer der Mobber. Ich habe viel gelernt und frage mich heute oft, ob ich mich in bestimmten Situationen anderen gegenüber richtig verhalten habe“, sagt Morten Steinmeier, der in einem Kindergarten arbeitet. Alle Spielerinnen und Spieler, seien es auch Tom Seidewitz als schwuler Marco, Melissa Dalldorf als sensibler Gerhard, Carlotta Borchert als Obermotz Paul, Maya Ganske als abgehobene Mascha, Nadine Zimmermann als hilflose Mutter, Mira Hykkelbjerg als überforderte Lehrerin und Richie Margraf als Lehrer Elling legen ein intensives Spiel auf die Bühne.
Erholsame Lichtblicke in dem Drama sind Leonie Neper als Alina Siebert und Chiara Scharbert als Celine Schmitz, die als Schwestern heftig unter ihren rivalisierenden Brüdern leiden.
Den Blick zu älteren Generationen, deren Schülerleben auch nicht heiter war, gibt Tim Simon als sächselnder Hausmeister Petersen.
In Zwischen-Sequenzen werden per Video die Stellungnahmen der Beteiligten eingespielt und damit die Frage, wer denn nun Opfer des Amoklaufs ist. Und wer Täter. Auf jeden Fall ist „Give a Boy a Gun“ ein Lehrstück für alle Lehrer, Eltern und Schüler.
Aufführungen: Freitag und Sonnabend, 14. und 15. November, im Festsaal am Falkenberg, Langenharmer Weg 90. Die Vorstellungen beginnen um 19 Uhr. Karten zu sechs Euro gibt es im Vorverkauf, unter Telefon 040/60941757, unter www.theaterpur.de und an der Abendkasse.