Das Amtgericht Norderstedt verurteilte den Mann zu einem Jahr und zehn Monaten Haft. Nach Ansicht des Gerichts hat er sich vorsätzlich zwei Finger amputiert, um 1,4 Millionen Euro zu kassieren.

Norderstedt. Ein 50-Jähriger ist wegen eines besonders spektakulären Falls von Versicherungsbetrug verurteilt worden. Das Amtsgericht Norderstedt (Kreis Segeberg) sah es am Freitag als erwiesen an, dass sich der Versicherungsfachmann absichtlich mit einer Kreissäge Daumen und Zeigefinger der linken Hand amputiert hat, um seine Unfallversicherungen zu prellen. Der Mann, den das Schöffengericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilte, hatte zuvor angegeben, im Hobbykeller seines früheren Hauses in Henstedt-Ulzburg über einen seiner zwei Hunde gestolpert und in die laufende Säge gefallen zu sein. Die insgesamt vier damals laufenden Versicherungen des Mannes hätten eine Schadenssumme von maximal 1,4 Millionen Euro gedeckt.

Der Angeklagte hatte vor Gericht erklärt, er habe im Februar 2010 einen der beiden Hunde von der laufenden Kreissäge fernhalten wollen. Dabei sei er gestolpert und in die Säge gestürzt. Dem widersprach im Prozess ein Rechtsmediziner. Es sei „ausgesprochen erstaunlich“, dass die Unterseite der Finger und auch die anderen Teile der Hand nur wenig verletzt wurden. Diesen Zweifeln schloss sich nun das Gericht an. In der Urteilsbegründung zeigte sich die Vorsitzende Richterin darüber verwundert, dass der Mann zum Zeitpunkt des vermeintlichen Unglücks gleich vier Unfallversicherungen, zum Teil mit speziellen Regelungen, die bei Verletzungen der Finger greifen.

Der Verteidiger sagte, er sei bestürzt über das Urteil und kündigte an, Rechtsmittel einlegen zu wollen. „Mein Mandant ist unschuldig und ein Unfallopfer.“ Er bemängelte, dass das Gericht abgelehnt hatte, einen weiteren Rechtsmediziner zu hören, welcher die Amputation „differenzierter“ dargestellt hätte. Auch sein Antrag, einen Psychiater als Zeugen zu hören, wurde abgelehnt. Damit wollte der Verteidiger widersprüchliche Aussagen seines Mandanten erklären, welcher nach dem Ereignis einen Gedächtnisverlust erlitten habe.

Trotz der hohen Versicherungssumme bewertete das Gericht die Tat nicht als schweren Fall von Versicherungsbetrug, da noch keine Prämien geflossen seien. Gleichwohl ging es über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus, die eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren gefordert hatte. Der Verteidiger des Mannes hatte auf Freispruch für seinen Mandanten plädiert, der im Prozess zuvor angegeben hatte, sich nach dem Ereignis selbst verbunden zu haben und in die Klinik gefahren zu sein. Am 7. November entscheidet laut einer Gerichtssprecherin nun das Landgericht Kiel über einen Teil der zivilrechtlichen Ansprüche des Mannes, die er per Klage gegen eine der Versicherungen durchsetzen will.