Das Zentrum Noctalis ist eines der erfolgreichsten musealen Einrichtungen in Norddeutschland. Trotzdem arbeitet es defizitär
Bad Segeberg. Fast 330.000 Besucher haben in diesem Sommer die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg besucht. Diese Zahl beflügelt auch die Nachbarn im Fledermauszentrum Noctalis: Gut zehn Prozent der Karl-May-Fans haben vor oder nach den Vorstellungen einen Abstecher zu den Fledermäusen gemacht. Mit dieser Zahl ist Noctalis-Geschäftsführerin und pädagogische Leiterin Anne Ipsen zufrieden. Langfristig allerdings möchte sie ein in die Zukunft weisendes Marketingkonzept vorlegen.
Noctalis arbeitet defizitär. Das ist allen Beteiligten klar. Die einzigartige Erlebnisausstellung über und mit lebenden Fledermäusen und Foxi Flatterinchen, einer handzahmen indischen Riesenflughündin mit einer Flügelspannweite von über 1,20 Meter und einem Gewicht von 450 Gramm macht jährlich einen Verlust von 130.000 bis 160.000 Euro. Als einziger Gesellschafter muss die Stadt Bad Segeberg dieses Defizit ausgleichen. Manchmal geschieht das zähneknirschend, aber bisher hat noch kein Politiker die Existenz des weltweit einzigartigen Fledermauszentrums in Frage gestellt. Zumal Bad Segeberg und die Fledermaushöhlen oft in einem Atemzug genannt werden.
Eine Schließung des Fledermauszentrums würde landauf-landab sicher auch auf wenig Verständnis stoßen. Den Tieren wäre es vermutlich egal: Bis zu 22.000 Fledermäuse überwintern jedes Jahr in den weitverzweigten Kalkberghöhlen, die somit das größte natürliche Winterquartier für Fledermäuse in Nord- und Mitteleuropa sind. Jetzt ist die Zeit des Einschwärmens: Hunderte von Kilometern legen manche Tiere zurück, um hier die Wintermonate zu verbringen. Seit Anfang des Monats sind die Kalkberghöhlen deshalb für die Öffentlichkeit geschlossen.
Durchschnittlich 44.000 Besucher, darunter viele Schüler klassenweise, kommen pro Jahr. Da ist viel, findet Anne Ipsen. Im Vergleich zu anderen Museen in Hamburg und Schleswig-Holstein sogar sehr viel. „Wir arbeiten zu 80 Prozent kostendeckend“, sagt die Fledermaus-Wissenschaftlerin, die sich ein wenig ärgert, dass ihre Einrichtung bisher noch nicht offiziell als Museum anerkannt ist, obwohl sie Mitglied im Museumsverein Hamburg/Schleswig-Holstein ist. „Wir haben es versucht, um aber anerkannt zu werden, brauchen wir die Unterstützung der Politik.“ Vielleicht, so mutmaßt sie, ist die Einrichtung noch nicht lange genug vorhanden. „Vielleicht klappt es ihn zehn Jahren mit der Anerkennung.“
Klappen müsste es aber bald mit der zugesagten Förderung des Landes Schleswig-Holstein. Pro Besucher gibt es einen Euro Zuschuss für die Umsetzung des Marketingkonzepts – ein Drittel zahlt die Stadt Bad Segeberg, zwei Drittel das Land. Bei rund 45.000 Besuchern, die in diesem Jahr prognostiziert sind, wären das 15.000 und 30.000 Euro. Gezahlt wurde noch nichts.
Mit den Fördermitteln will Anne Ipsen mit ihrem Team einige Ideen umsetzen, die das Zentrum in der Bevölkerung bekannter machen sollen. Eine Fledermaus-App für Smartphones und Tablets, einen Fledermausbestimmungsführer mit lustigen Illustrationen und ein Pixi-Buch zum Thema Fledermaus gehören zum Beispiel dazu. Fachleute, die diese Ideen umsetzen können, sind vorhanden und warten darauf, dass es losgehen kann. „Fledermäuse sind zwar keine Kuscheltiere, aber wir wollen auf sympathische Weise deutlich machen, dass es sensible und kluge Tiere sind, die eine große ökologische Bedeutung haben.“
Unter das Dach der wirtschaftlich erfolgreichen Kalkberg GmbH, Veranstalterin der Karl-May-Spiele, könnte das Fledermauszentrum nicht schlüpfen. Logisch wäre das, aber Noctalis würde dann die Gemeinnützigkeit verlieren, die GmbH könnte sich einer verdeckten Gewinnausschüttung schuldig machen. Anne Ipsen findet das auch besser so. „So sind wir frei für eine anspruchsvolle pädagogische Arbeit und müssen nicht auf den Profit schauen.“