In unserer Serie „Sattelfest“ stellen wir heute den Reitstall Radesforder Hof in Heidmühlen vor. Spring- und Dressurreiter unter anderem aus Tschechien, Ecuador, Australien und Polen fühlen sich hier sehr wohl
Es ist früh am Morgen, ein schöner Herbsttag mit viel Sonnenschein kündigt sich an. Auf dem idyllisch gelegenen Radesforder Hof am Rande des Segeberger Forstes erwacht langsam das Leben. Pferde wiehern in ihren Boxen und scharren ungeduldig mit den Hufen.
Diana Meerpahl, 28, Managerin des Reitstalles, sitzt im Büro und schaut aus dem Fenster. Ihr Blick geht hinüber zum Springplatz, wo Fahnenmasten mit Flaggen aus Österreich, Finnland, Australien und Belgien die Internationalität des Reitstalles betonen.
Minna Haikkaa, die finnische Bereiterin, ihre Landsfrau Lotta Rintamäki und Reitschüler Jack Hayden aus Australien wärmen auf dem 3800 Quadratmeter großen Springplatz mit automatischer Bewässerung bereits ihre Pferde auf. Heute soll es auch über die Hindernisse gehen.
Der Radesforder Hof ist Treffpunkt hoffnungsvoller Spring- und Dressurreiter. Einige kommen aus pferdesportlichen Entwicklungsländern wie Tschechien, Ecuador, Australien und Polen. Hier bereiten sie sich auf höhere Aufgaben vor.
Die 28 Jahre alte Diana Meerpahl freut sich jeden Tag neu auf die Arbeit
Diana Meerpahl schaut nach rechts. Wenige Meter von ihrem Büro entfernt hat Crazy Fly sein Zuhause. Der zehnjährige Wallach, ein belgisches Warmblut, schaut aus der Boxenluke und fängt an zu wiehern. Crazy Fly ist ihr Lieblingspferd.
„So begrüßt er mich jeden Tag“, sagt Diana. „Früher war er böse und wollte jeden beißen, der ihm zu nahe kam. Aber das hat sich geändert, seit ich seine Bezugsperson bin. Längst hat er mein Herz gewonnen. Er kuschelt gerne und ist mein Schatzilein.“ Täglich putzt und striegelt sie ihn, und nachmittags um 15 Uhr reitet sie mit ihm aus. „Wer Pferde hat, muss mit Leidenschaft dabei sein. Ich freue mich jeden Tag neu auf die Arbeit“, versichert Diana.
Besitzer Klaus-Peter Meerpahl hatte früher Angst vor Pferden
Klaus-Peter Meerpahl, 64, ein passionierter Schiffsmakler mit mehreren Niederlassungen bis hin nach Stettin, hört seiner Tochter zu und lächelt still in sich hinein. Mit Pferden hat er wenig am Hut. „Früher hatte ich sogar Angst vor ihnen“, sagt er. Immerhin: In den 90er-Jahren kaufte und verkaufte er Springpferde und fuhr zu Turnieren mit. „Ich war ein richtiger Zocker“, gesteht er. „Ich habe leider zu viele Pferde gekauft.“ Fußball war eher sein Ding, mit dem späteren HSV-Profi Peter Nogly spielte er in seiner Jugend bei Phoenix Lübeck in einer Mannschaft.
Seine Tochter, wie ihre Schwester Sarah, 30, ausgebildete Schifffahrtskauffrau, entschied sich vor zwei Jahren, auf dem Hof ihres Vaters zu bleiben. Dort hat sie nun das Kommando. Sie ordnet an, was die Mitarbeiter tun sollen, hat die Finanzen im Griff, führt die Statistiken, macht die Bücher und kauft nach Absprache neue Maschinen, zuletzt einen Weidemann-Teleskop-Lader, der eine Menge Kosten sparen soll. Und jedes Jahr werden die Ställe renoviert.
„Uns liegt das Wohl der Pferde sehr am Herzen“, bekräftigt die engagierte Managerin. „Deswegen legen wir viel Wert auf Sauberkeit und Ordnung.“
Klaus-Peter Meerpahl hält seine Tochter am langen Zügel: „Alles läuft bestens, es gibt keinerlei Probleme zwischen uns. Und wenn wir mal verschiedener Meinung sind, dann einigen wir uns schnell.“ Täglich fährt er mit dem Fahrrad über das Gelände und schaut nach dem Rechten.
Ende der 90er-Jahre begann die Erfolgsstory des Hofs
Der Reitstall Radesforder Hof hat eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. „1997 stand hier ein Haus mit einer kleinen Reitbahn“, erinnert sich der Seniorchef. „Drei Frauen hatten ein Café eröffnet und einige Ponys für Kinder eingestellt. Irgendwann gab es Streitigkeiten, sie gingen auseinander. Das Haus stand ein Jahr lang leer.“
Da schlug die Stunde des Schiffsmaklers Meerpahl aus Wahlstedt. Er kaufte das Haus und sieben Hektar Land. „Eigentlich wollte ich nur einen Privatstall mit einer kleinen Halle bauen“, sagt er. Doch es kam anders: Innerhalb weniger Jahre entstanden hier nach Ideen eines befreundeten Architekten 84 Boxen für Spring-, Dressur- und Pensionspferde, außerdem Dressur-, Spring- und Longierhalle sowie ein Springplatz – alles ist vom Feinsten.
Boxen für 30 Pferde hat Springreiter Christian Hess aus Boostedt gepachtet. Der 54-jährige Pferdewirtschaftsmeister war zuvor Bereiter beim ehemaligen Europameister Paul Schockemöhle und bei Ex-Bundestrainer Otto Becker in Mühlen, danach von 2008 bis 2012 Verkaufsleiter und Auktionator beim Verband Holsteiner Springpferde in Elmshorn.
Jetzt bildet Hess auf dem Radesforder Hof junge Pferde und Reiter aus und führt sie über das Bundeschampionat und die Youngstertour an den großen Sport heran. Mit Erfolg. Gerade hat sich Landesmeisterin Barbora Tomanova, 22, aus Prag bei Diana über Facebook gemeldet: „Mein Aufenthalt in Deutschland bleibt unvergessen.“
Nebenan im Dressurstall hat Pferdewirtschaftsmeister Jan Lens aus Belgien das Sagen. 15 Pferde stehen unter seiner Obhut.
Der Arbeitstag ist lang für Diana Meerpahl. Oft nimmt sie sich aber Zeit für einen Besuch bei ihren Eltern, die einen Kilometer entfernt wohnen. Das 13 Hektar große Gelände ist ein Paradies für „Rentner“. Sieben Pferde erhalten hier ihr Gnadenbrot, darunter auch Schecky, 29 Jahre alt, ein deutsches Reitpony mit blauen Fischaugen. „Das war mein erstes Pferd“, sagt Diana. „Bei meinen Eltern hat er es richtig gut – bis an sein Lebensende.“
Am kommenden Montag stellen wir in der Serie „Sattelfest“ den Reiterhof Op’n Diek in Henstedt-Ulzburg vor.