Bezahlbarer Wohnraum wird immer weniger in Norderstedt. Aber neue exklusive Villen gibt es so viele wie selten zuvor in der Stadt. Norderstedter Makler sprechen über die Lage der immobilen Upperclass.
Norderstedt. Auf dem Immobilien-Markt in Norderstedt driften die Extreme auseinander. Menschen mit geringem Einkommen haben es immer schwerer, überhaupt noch eine bezahlbare Wohnung zu finden. Hochwertige Eigentumswohnungen und Luxus-Immobilien hingegen lassen sich so gut verkaufen oder vermieten wie nie. Der Markt ist dynamisch wie seine Bauherren, die oft nur wenige Jahre in ihren Traum-Immobilien leben, ehe sie die Häuser mit Gewinn verkaufen und dann weiterziehen. Norderstedt rückt dabei als Standort näher an die hochpreisigen Lagen in den Hamburger Walddörfern heran und hat neuerdings auch exklusive Luxus-Villen im Angebot. Das Abendblatt hat sich mit Norderstedter Maklern im Preis-Segment der Upperclass umgeschaut.
Monika Böhnert von Engel & Völkers macht das Arbeiten in Norderstedt derzeit richtig Spaß. „So viele hochwertige und nagelneue Immobilien auf einen Schlag hatte ich noch nie im Angebot.“ Extravagante Villen mit Halle, Wendeltreppe und vollgestopft mit Hightech, aparte Familienhäuser mit viel Fläche im Toskana-Stil und unterkühlte Design-Träume mit Bauhaus-Reminiszenz und Dachterrasse, das alles mitten in Glashütte oder Garstedt, bislang eher nicht bekannt als Standort der immobilen Extravaganz.
Die Häuser wurden alle in den vergangenen vier Jahren gebaut und bezogen – und stehen nun wieder leer. Die Hightech-Villa im Wert von über einer Million Euro mit knapp 200 Quadratmetern Wohnfläche ist dem Eigentümer zu klein geworden, sagt Böhnert. Er habe was Größeres im Alstertal gefunden. Aber meistens treibt der nächste lukrative Job die Leute aus ihrem gerade neu gebauten Domizil.
So wie im Fall des britischen Microsoft-Programmierers Thomas Treen, 40, der mit seiner Frau Tanja, 35, und Söhnchen Harrison, elf Monate, ein Toskana-Haus mit 174 Quadratmetern Wohnfläche im aufgerufenen Wert von 598.000 Euro an der Lessingstraße bewohnt. Treen wird künftig für Microsoft in Charlotte, North Carolina, programmieren. Trotzdem er in seinem Beruf weiß, dass Standortgarantien schwierig sind, hat er sich vor vier Jahren für den Hausbau entschieden. Mieten kommt für Treen nicht infrage. „Das Geld ist weg. Bauen ist dagegen ein gutes Investment.“ Tatsächlich werden die Treens wohl jeden Cent, den sie 2010 verbaut haben, beim Verkauf wieder heraus bekommen. „Durch die Preissteigerungen der letzten Jahre ist das drin“, sagt Monika Böhnert. Die Zeiten, in denen Immobilien erst ab dem dritten Jahr nach dem Bau an Wert zulegten, seien vorbei. „Neubaupreis 2010 ist Verkaufspreis 2014“, sagt Böhnert.
Für die Immobilie der Treens kämen aus ihrer Kunden-Kartei mit knapp 15.000 Namen nur etwa 50 infrage. „Das ist vom Preis her schon Upperclass in Norderstedt. Bei zwei Interessenten entwickeln sich die Gespräche aber schon in Richtung Notar.“
Ein Mehr an hochpreisigen Immobilien in Norderstedt verzeichnet auch Makler Thorsten Hausmann. „Obwohl es ein sehr kleiner Markt und die Suche nach Käufern schwierig ist.“ Für Investoren, die ihr Geld in Immobilien anlegen wollen, lohnen sich eher Häuser im Preissegment um die 300.000 Euro, sagt Hausmann. Hier sei der Bedarf größer. Zu seiner Klientel zählen aber auch die hochmobilen High Potentials, etwa der promovierte Chemiker, der sich in Norderstedt ein großes Haus gekauft hatte und nun von seiner Firma nach Singapur geschickt wurde. Hausmann hat dem Mann samt Familie mit zwei Kindern das Rundum-Sorglos-Paket verkauft. Der Makler hat die Norderstedter Immobilie auf dem hart umkämpften Anbieter-Markt zum Wunschpreis verkauft und den Umzug der Familie nach Singapur organisiert. Käufer spült derzeit die Ansiedlung von Tesa in die Stadt. „Tesa-Leute aus dem Ausland wollen in die Nähe der Firmenzentrale ziehen und brauchen schnell ein passendes Haus für die Familie“, sagt Hausmann.
Eine erstaunliche Preisentwicklung beobachtet Olaf Korf, Prokurist bei Hagemann-Immobilien, bei den Eigentumswohnungen in Norderstedt. „Quadratmeter-Preise zwischen 3500 und 4000 Euro sind schon erstaunlich für Norderstedt, am Steindamm in Harksheide oder im entstehenden Wohngebiet im Garstedter Dreieck aber üblich.“ 350.0000 Euro muss dort also für eine 100-Quadratmeter-Wohnung bezahlt werden. Diese später zu vermieten, sei kein Problem, sagt Korf. „Es gibt etliche Mieter, die eine Menge Geld verdienen, die für zwei oder drei Jahre beruflich in der Stadt sind und eine passende Bleibe suchen. Einen nervenaufreibenden Hausbau wollen die sich nicht ans Bein binden.“