Während einer Feierstunde wurden in Bad Segeberg Menschen aus zehn Nationen eingebürgert. Pro Jahr bekommen 230 bis 260 Personen die Deutsche Staatsangehörigkeit. Im Kreis leben Menschen aus 145 Nationen.

Kreis Segeberg. Ann Geraldizo kennt sich aus in Deutschland. Sie wurde auf den Philippinen geboren, beherrscht die deutsche Sprache perfekt – und das ist auch kein Wunder: Seit 1996 lebt die 32 Jahre alte Zahnarzthelferin aus Norderstedt in Deutschland. Sie denkt deutsch, sie lebt deutsch, sie spricht deutsch, aber bis jetzt war sie keine Deutsche. Das ist jetzt anders: Kurz vor der Geburt ihres zweiten Kindes hat Ann Geraldizo die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Landrätin Jutta Hartwieg übergab die Einbürgerungsurkunden während einer Feierstunde. Es war die vierte Einbürgerungsfeier im Kreis Segeberg.

Zwölf Personen aus neun Nationen nahmen an der Feierstunde in der Remise des Hauses Segeberg in Bad Segeberg teil. Sie kommen aus der Türkei, Serbien, Polen, der Dominikanischen Republik, aus Ghana, Weißrussland, Afghanistan, Rumänien, dem Iran und den Philippinen. Eine Marokkanerin aus Henstedt-Ulzburg hatte sich kurzfristig krank gemeldet und konnte daher nicht an der Feierstunde teilnehmen. „Sie haben die Entscheidung bewusst getroffen“, sagte Landrätin Jutta Hartwieg in der Remise, dem ehemaligen Unterstand der Landratskutschen. Gleichwohl sei es keine Abkehr von der Vergangenheit und der Herkunft. „Sie fügen ihrer persönlichen Geschichte ein weiteres Kapitel hinzu.“

So sieht es Ann Geraldizo tatsächlich. Einerseits hat sie sehr pragmatische Gründe für die Einbürgerung. „Mit einem deutschen Pass habe ich es viel leichter bei den deutschen Behörden.“ Andererseits fühlt sie sich mindestens zu 80 Prozent als Deutsche: „Meine Mentalität ist deutsch, ich habe mich an das Leben hier längst angepasst.“ Der Lebensrhythmus sagt ihr zu: Die deutsche Pünktlichkeit, die deutschen Regeln, die Pflichten. All das hat sie in ihrer ursprünglichen Heimat nicht kennengelernt. „Das Leben auf den Philippinen ist ohne feste Regeln, jeder hat Freiheiten“, sagt sie. „Zu viele Freiheiten.“ Das sei kein Leben für sie. Würde sie jetzt noch dort leben, wäre es ihr wahrscheinlich nicht aufgefallen, aber in Deutschland fällt ihr der Unterschied auf. Andere träumen von einem Leben ohne Regeln und Pflichten, für sie ist es ein Albtraum.

Vor 18 Jahren sind Ann und ihr Bruder JayJay von den Philippinen nach Deutschland gekommen, weil ihre in Langenhorn lebende Mutter Eva Kamann, 51, hier bereits Fuß gefasst und einen deutschen Mann geheiratet hatte. Ihre Tochter Thalia ist in Deutschland vor sechs Jahren auf die Welt gekommen, Ende Juli erwartet sie das zweite Kind. Ihr Lebensgefährte Walter Gongora, 33, stammt aus Bolivien, hat aber schon lange die deutsche Staatsangehörigkeit. Ann Geraldizo spricht, mit einem leichten Akzent, fließend deutsch. 2006 war sie zuletzt in ihrer Heimat. „Aber schon nach zwei Wochen habe ich Deutschland vermisst.“

Landrätin Jutta Hartwieg betrachtet die Einbürgerung von Ausländern als eine Chance und einen Gewinn für die Gesellschaft. „Herzlich willkommen in der Bundesrepublik Deutschland, in Schleswig-Holstein und im Kreis Segeberg, ich hoffe und wünsche, dass sie in unserem Land glücklich werden.“ Die Neubürger lasen den kurzen Text vor, mit dem sie sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen. Anschließend überreichte Hartwieg die Einbürgerungsurkunden, abschließend wurde gemeinsam die deutsche Nationalhymne gesungen. Nicht alle gingen soweit wie ein junger Iraner: Er küsste die Deutschlandfahne, die an der Wand der Remise hing.

Von allen, die an diesem Tage eingebürgert wurden, ist ausgerechnet dieser Iraner derjenige, der seine alte Staatsbürgerschaft nicht ablegen kann. Wer Iraner war, bleibt Iraner und hat jetzt eine doppelte Staatsbürgerschaft. Dieses Land verweigert die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit. Das gilt auch für Afghanistan, Algerien, Eritrea, Iran, Kuba, Libanon, Marokko, Syrien und Tunesien. Im Kreis Segeberg werden pro Jahr 230 bis 260 Personen eingebürgert. Das sind in der Mehrzahl Menschen, die sieben oder acht Jahre legal in Deutschland leben. Die Einbürgerung ist nach sieben Jahren möglich, wenn ein Integrationskursus erfolgreich absolviert wurde. Wenn der Ehepartner Deutscher ist und die Ehe seit zwei Jahren besteht, kann die Einbürgerung nach drei Jahren erfolgen. Voraussetzung ist natürlich immer ein entsprechender Antrag bei der Ausländerbehörde des Kreises Segeberg. Nach Angaben von Rolf Meenen, dem Leiter der Behörde, leben im Kreis Segeberg Menschen aus rund 145 Nationen, wobei die Zahl jährlich leicht nach oben oder unten abweicht.

Ann Geraldizos Tochter Thalia, die den Nachnamen ihres Vaters (Gongora) trägt, ist übrigens Deutsche ohne Einbürgerung – obwohl die Eltern nicht verheiratet sind. Das gilt erst recht für das Baby, das Ende Juli zur Welt kommen soll: Es wird von Geburt an die deutsche Staatsangehörigkeit haben.