Die Teams kommen aus dem ganzen Bundesgebiet. Auch Kickbox-Weltmeisterin Christine Theiss hat den weiten Weg von München zum ASB nicht gescheut.

Wittenborn. Die Arbeit ist getan: Christine Theiss, 34, öffnet die Heckklappe ihres Autos mit Münchener Kennzeichen und macht eine einladende Handbewegung. Sofort springen Tiffany und Osito in die vorbildlich ausgestattete Transportbox und machen es sich gemütlich. Tiffany, die sechsjährige Rettungshündin, ist immer noch energiegeladen, Boxerrüde Osito war, wie seine Besitzerin liebevoll erzählt, den ganzen Tag beim Rettungshunde-Workshop Segeberg in Wittenborn nur als „Spaßvogel und Quatschonkel“ dabei.

Kickbox-Weltmeisterin Christine Theiss, ausgebildete Hundeführerin, Fachbereich Mantrailing, hat den weiten Weg von München zum 8. Workshop des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Segeberg nicht gescheut. „1600 Kilometer Autofahrt halten meine Hunde gut durch“, sagt die promovierte Medizinerin, die seit März 2012 als TV-Moderatorin der Sat.1-Abendshow „The Biggest Looser“ tätig ist. Vom Leistungssport trat sie Ende 2013 nach 38 Siegen in 40 Profikämpfen zurück. „Ende Mai 2011 haben Tiffany und ich die Rettungshundeprüfung Mantrailing bestanden“, berichtet sie.

150 Rettungshunde-Teams aus dem Bundesgebiet und aus Dänemark trafen sich organisationsübergreifend auf dem Campingplatz „Weißer Brunnen“ am Wittenborner See, um in den Bereichen Fläche, Trümmer und Mantrailing gemeinsam zu trainieren und sich über Aus- und Fortbildung sowie Erfahrungen in der Rettungshundearbeit auszutauschen. Menschen und Hunde nächtigten in großen Zelten am Seeufer.

„Zum ersten Workshop kamen 30 Teams, dieses Mal waren wir im Januar ausgebucht“, sagte Dirk Fellechner, 46, der die Rettungshundestaffel Segeberg vor zehn Jahren gründete. „Unser Workshop ist inzwischen eine der größten Veranstaltungen dieser Art bundesweit.“

Frühmorgens fuhren die Teams mit ihren Hunden in ihre Suchgebiete in den umliegenden Wäldern in Wahlstedt, Bad Segeberg und Bad Oldesloe. In drei Bereichen wurden sie mit Hilfe von Versteckpersonen trainiert.

Flächensuche

Der Hund soll vermisste Menschen in Gefahr aufspüren, meistens psychisch kranke, verwirrte oder suizidgefährdete Personen, Verunglückte oder Kinder. Stoßen Menschen oder technische Hilfsmittel an ihre Grenzen, ein Gebiet möglichst schnell flächendeckend abzusuchen, bietet sich der Einsatz eines Rettungshundes an. Der spürt durch seinen guten Geruchsinn auch im Dunkeln und bei schlechtem Wetter auf große Entfernung das Geruchsbild „Mensch“ auf.

Trümmersuche

Bei der Trümmersuche nach verschütteten Menschen nimmt der Rettungshund menschliche Witterung aus der Luft auf und versucht, die Quelle zu lokalisieren. Er darf nicht vor dem Betreten in enge Röhren, Spalten oder abgedunkelte Räume zurückschrecken, sowie vor Rauch, Qualm, Hitze oder starker Gerüche. Hat sich der Rettungshund angenähert, zeigt er dem Hundeführer seinen Ort durch Verbellen an.

Der sechsjährige Jagdterrier Bolle, nach Aussage seines Besitzers und Hundeführers Dirk Fellechner ein „Dickkopf, der bei der Suche nie aufgibt“, zeigte sich als wahrer Meister. Es dauerte nicht lange, bis er seine Versteckperson Pia Johnson aus Hadersleben (Dänemark) in einem Trümmerberg entdeckt hatte.

Mantrailing

Der Rettungshund verfolgt die Geruchsspur eines ganz bestimmten Menschen. Sein Hundeführer gibt ihm einen Geruchsstoff (z. B. getragenes Kleidungsstück), dann weiß der Hund, wen er suchen muss. Er speichert die Information wie ein Foto ab und kann sie im Extremfall noch nach Wochen verfolgen. „Ein Hund kann stündlich zehn Hektar absuchen“, sagt Dirk Fellechner.

Die Rettungshundestaffel Segeberg mit neun geprüften Flächenhunden, zwei Trümmerhunden und vier Mantrailern ist die größte Staffel bundesweit. Doch jetzt ist es zu einem heftigen Streit in den eigenen Reihen gekommen. „Wir werden von den Stormarnern weggemobbt“, schimpft Dirk Fellechner. Viele Jahre war der Lübecker ehrenamtlich als stellvertretender Leiter der gemeinsam agierenden ASB-Rettungshundestaffel Segeberg/Stormarn im Einsatz. Bei der Jahreshauptversammlung des Regionalverbandes wurden aber fast ausschließlich nur Stormarner in den Vorstand gewählt, Fellechner ist nicht mehr dabei.

Das Material und die Einsatzfahrzeuge, derzeit noch in einer alten Kfz-Halle in Wahlstedt untergebracht, sollen in Bad Oldesloe untergebracht werden. „Dann werden bei Alarmierungen die Wege für Segeberger Teams – die die größere Anzahl von Hunden und Hundeführern stellen, länger als bisher“, sagte Dirk Fellechner. „Das sieht nach einer klaren Strategie aus. Stormarn will uns zur Aufgabe zwingen, wir sollen uns einer anderen Hilfsorganisation wie zum Beispiel dem Deutschen Roten Kreuz anschließen. Aber wir geben nicht auf, im kommenden Jahr richten wir den neunten Workshop aus.“

Darauf stellt sich die Polizeidirektion Bad Segeberg offensichtlich auch ein. „Mit unseren Spürhunden haben wir das gleiche Einsatzziel“, sagten die Polizeihauptmeister Thorsten Wolter und Ole Eggers, die zu informellen Gesprächen nach Wittenborn gekommen waren. „Wir sitzen in einem Boot und lernen voneinander. Unser Respekt gilt der ehrenamtlich tätigen Segeberger Rettungsstaffel, die immer hilft, wenn wir sie rufen.“

Auch Christine Theiss kündigte vor ihrer Abreise an: „Ich komme mit Tiffany und Osito wieder zum Workshop nach Wittenborn.“