Der 44 Jahre alte ehemalige Kripobeamte Stefan Bauer hat am Montag seinen Dienst im Henstedt-Ulzbuger Rathaus angetreten. Er begann den Tag mit einem Rundgang durch alle Abteilungen.

Henstedt-Ulzburg. Eine neue Ära hat begonnen: Am Montag, 8 Uhr, trat Stefan Bauer, 44, seinen Dienst als hauptamtlicher Bürgermeister der Großgemeinde Henstedt-Ulzburg an. Die Amtszeit des parteilosen Verwaltungschefs beträgt sechs Jahre. „Ich kann mir gut vorstellen, dass ich noch länger bleibe, wenn das die Bürger möchten“, sagte Bauer, der mit Ehefrau Marita und zwei Kindern im Ortsteil Henstedt zu Hause ist und von allen Familienmitgliedern voll und ganz unterstützt wird.

Für die kurze Strecke in die Rathaus-Tiefgarage benötigte Bauer mit seinem Privatauto, einem Smart, nur wenige Minuten. Vor dem Frühstück hatte er den Kleinwagen mit zwei vollgepackten Kartons beladen. Wenig später lüftete er in seinem Büro das Geheimnis: „Da sind meine Wechselklamotten drin.“

Einen modischen Anzug, zwei paar Schuhe und weitere Kleidungsutensilien verstaute er sorgfältig in einem Schrank: „Es kann ja immer mal passieren, dass ich mich vor einem wichtigen Termin schnell noch einmal umziehen möchte.“

Seine neue (berufliche) Umgebung hatte der bisherige stellvertretende Leiter der Abteilung Wirtschaftskriminalität bei der Hamburger Kriminalpolizei schon am vergangenen Freitag in Augenschein genommen, als sich seine (ehrenamtliche) Vorgängerin Elisabeth von Bressensdorf von ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen offiziell verabschiedete. Bei dieser Gelegenheit hielt er sich noch dezent im Hintergrund: „Das ist heute nicht mein Tag.“

„Ich wünsche Ihnen alles Gute, viel Erfolg und eine glückliche Hand“, sagte Elisabeth von Bressensdorf vor Kurzem bei der Vereidigung ihres Nachfolgers im Rathaus: „Ich hoffe sehr, dass die Politik Ihren Antritt auch als Chance eines Neubeginns für ein künftiges Miteinander auf Augenhöhe begreift und auch ergreift, und dass das nicht nur eine Vision von mir ist.“

Einzelkämpfer Bauer, im Wahlkampf von keiner politischen Partei unterstützt, hat keine Angst vor politischem Gegenwind aus dieser Richtung: „Zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung stand ich als Bürgermeisterkandidat noch nicht zur Verfügung. Deshalb ist es Spekulation, ob die Fraktionen mich gewollt haben. Es kommt sicher der Tag, an dem eine Anspruchshaltung mir gegenüber deutlich gemacht wird. Ich gehe jedoch völlig unvoreingenommen gegenüber Politik, Verwaltung und mit objektivem Auge an meine Arbeit.“

Erste Eindrücke von dem, was ihn erwartet, hat sich Stefan Bauer bei Sitzungen der Ausschüsse, der Fraktionen und des Gemeinderates verschafft, er führte auch mehrere Gespräche mit Elisabeth von Bressensdorf. An seinem ersten Arbeitstag sprach er mit seinem Büroleiter Jens Richter, der gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt war, über Aufgaben, Pläne und Termine.

Richter gilt als Meister seines Fachs: „Wenn er anfängt aufzuzählen, welche ehren- und hauptamtlichen Bürgermeister samt Stellvertreter er schon eingearbeitet hat, reichen die Finger einer Hand nicht mehr aus“, sagte von Bressensdorf. „Jens Richter wird mein engster Mitarbeiter sein“, so Stefan Bauer. „Ich brauche ihn an meiner Seite.“

Sein erster („fremdbestimmter“) Terminplan als Bürgermeister sah einen langen Arbeitstag vor. Es begann mit einem Rundgang durch alle Abteilungen des Rathauses mit 90 Mitarbeitern (insgesamt sind es 350). Dabei ließ Bauer durchblicken, dass er großen Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit allen Mitarbeitern legt. Nachmittags stellte sich Stefan Bauer bei den Mitgliedern des Kinder- und Jugendausschusses vor, und am Abend kam er der Einladung zu einem Grillfest der freiwilligen Feuerwehr in Götzberg nach.

Der neue Verwaltungschef will kein Alleinunterhalter sein. „Sicherlich werde ich in den ersten Monaten einige Überstunden machen“, kündigte Bauer an. „Ich will wissen, wie die Verwaltung tickt, denn im Moment fühle ich mich wie ein Ochs vor dem Berg.“ Die geplante Motorradtour durch Korsika mit Freunden hat er abgesagt. Später, wenn er die Verwaltungsarbeit beherrscht, will er sich jedoch besonders bei repräsentativen Aufgaben von einem seiner drei ehrenamtlichen Stellvertreter vertreten lassen. Im Oktober plant er einen zweiwöchigen Familienurlaub. Dann wird ihn Elisabeth von Bressensdorf vertreten.

Bürgermeister zu werden in Schleswig-Holsteins größtem Dorf – das war nicht sein Jugendtraum, sagt er. Aber als vor einigen Tagen die gesetzlich vorgeschriebene Kündigung seines bisherigen Arbeitgebers im Briefkasten lag, wusste er: „Ich habe die richtige Entscheidung getroffen.“ Und wenn er in Henstedt-Ulzburg scheitern sollte? „Dann kehre ich zur Hamburger Kriminalpolizei zurück.“