Die Brüder Henrik und André Wisotzki aus Norderstedt wurden bereits mit ihrem High-Tech-Blindenführer Landessieger bei Jugend forscht. Auch Schulleiter Gerhard Frische ist begeistert.
Norderstedt. Wenn es nach zwei findigen Schülern aus Norderstedt ginge, hätte der Blindenstock bald ausgedient. Die beiden Brüder Henrik und André Wisotzki, elf und 13 Jahre jung, haben ein Stirnband entwickelt und so mit technischen Finessen ausgerüstet, dass es piept, sobald der Träger in die Nähe eines Hindernisses kommt.
Mit dieser spektakulären Idee gewannen die Sechst- und Siebtklässler des Gymnasiums Harksheide bereits den Landeswettbewerb von Jugend forscht in der Kategorie „Schüler experimentieren“ in Arbeitswelten (das Abendblatt berichtete). Für die Teilnahme am Bundesentscheid waren sie noch zu jung. Nun wurden sie von der Christoffel Blindenmission aus Bensheim in Hessen, die weltweit 700 Hilfsprojekte für sehbehinderte Menschen finanziert, mit dem Innovationspreis für Menschen mit Behinderungen ausgezeichnet, der mit 150 Euro dotiert ist.
Die Erfindung seiner klugen Schützlinge funktioniere ähnlich wie die sogenannten Park-Distance-Control-Systeme in modernen Fahrzeugen, sagt Physiklehrer Kurt Ploß, in dessen Forscher-AG die Jungen das Projekt in neun Monaten langer Tüftelarbeit konzipiert und umgesetzt haben. Wie beim Einparken eines Autos mit PDC sei es auch bei dem Blinden-Stirnband der Ultraschall, den sich die Schüler zunutze gemacht haben. Ein Mikrofon und ein Lautsprecher am Kopf des Stirnbandes, die als Sender und Empfänger fungieren, lösen über eine Rückkopplungsfunktion einen Alarm aus, wenn ein Hindernis auftaucht. Eine Batterie und mehrere elektronische Bauteile, die seitlich in das Stirnband eingenäht sind, steuern den High-Tech-Blindenführer.
„Es funktioniert einwandfrei. Wir haben es selbst beim ‚Dialog im Dunkeln‘ in der Hamburger Speicherstadt ausprobiert“, sagt Henrik Wisotzki.
Physikalische Phänomene haben es den beiden Schülern angetan. Schon im vorigen Jahr siegten sie bei Jugend forscht mit einem solarbetriebenen Modellflugzeug. „Ich will später mal Pilot werden“, begründet André Wisotzki diese umweltfreundliche Flugmaschinen-Erfindung.
Und auch bei ihrer elektronischen Orientierungshilfe für Sehbehinderte gingen die Jungen akribisch vor. „Wir wollten unbedingt etwas für behinderte Menschen machen, das ihnen das Leben erleichtern könnte“, erzählt Henrik über seine Motivation und die seines Bruders. Was genau es sein könnte, sollte der Bedarf oder die Volksmeinung entscheiden. Also verbrachten sie mehrere Tage am U-Bahnhof Norderstedt-Mitte und befragten die Menschen, die sie dort trafen, ob sie eher etwas für blinde, taube oder körperbehinderte Menschen tun sollten. „Eine Mehrheit von 55 Prozent entschied sich für sehbehinderte“, erklärt Henrik das wissenschaftlich gestützte Auswahlverfahren ihrer Erfindung.
Selbst Lehrer Ploß hörte jetzt bei der Preisverleihung zum ersten Mal von dieser Umfrage und war baff.
Doch zunächst ließ sich das Projekt nicht so leicht umsetzen wie zunächst gedacht. Immer wieder mussten sie die Empfindlichkeit der Sensoren, in welchem Abstand zur nächsten Wand der Alarm auslösen sollte, neu einstellen. Lötstellen brachen, Kabel gingen kaputt. Letztlich waren das alles aber für die Norderstedter Jung-Tüftler zu lösende Probleme.
Ebenso stolz wie seine Vorzeige-Schüler ist Physiklehrer Ploß über diesen Erfolg. „Es ist schon faszinierend, wie gut und überzeugend die beiden ihre Idee umgesetzt haben.“
Auch Schulleiter Gerhard Frische vom Gymnasium Harksheide ist begeistert. „Es ist toll, was die Schüler in der Forscher-AG so alles auf die Beine stellen. Da werden sie mit Problemen konfrontiert, die sie kreativ und fantasievoll lösen müssen.“ Um die Zukunft dieser Jungen müsse er sich keine Sorgen machen, so Frische.