Hamburg erhebt Parkgebühren auf P+R-Stellplätzen. Norderstedt befürchtet Parktourismus und wird wohl nachziehen
Norderstedt. Hamburg macht 9300 Parkplätze in seinen 40 Park-and-Ride-Garagen im Juli kostenpflichtig – und Norderstedt wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als nachzuziehen. Mit den etwa 1000 kostenfreien Stellplätzen der Stadt in Tiefgaragen und auf Parkplätzen in Norderstedt-Mitte und in Garstedt könnte es bald vorbei sein.
„Wir beobachten die Entwicklung in der Nachbarstadt Hamburg natürlich sehr aufmerksam“, sagt Norderstedts Erster Stadtrat und Baudezernent Thomas Bosse. Die Stadt müsse darauf vorbereitet sein, dass Autofahrer, die bisher P+R-Plätze auf Hamburger Gebiet genutzt hätten, nun ins kostenfreie Norderstedt ausweichen wollten. Das beträfe vor allem den Süden Norderstedts, so Bosse. „Sollten wir langfristig doch auch in Norderstedt Parkgebühren für P+R-Parkplätze nehmen müssen, täten wir das nur sehr ungern.“
Konzepte zur Bewirtschaftung des bisher kostenlosen Parkraumes in der Stadt werden derzeit von der Stadt Norderstedt geprüft. Laut Baudezernent Bosse würden die Ergebnisse dieser Prüfung noch vor der Sommerpause der Stadtvertretung ab dem 14. Juli vorliegen. Den von allen Fraktionen der Stadtvertretung getragenen Prüfauftrag hatten die Grünen im Dezember 2013 gestellt.
„Wir müssen in Norderstedt da ganz schnell nachlegen“, sagt Grünen-Fraktionschef Detlev Grube. Er befürchtet ab Juli den ungehemmten Parktourismus aus Hamburg nach Norderstedt. Die Hamburger werden zwei Euro pro Stellplatz und Tag verlangen. Umgerechnet auf Norderstedt könnte die Stadt bei diesem Tarif zwischen 200.000 und 400.000 Euro pro Jahr an Einkünften erwarten. „Damit könnten wir das Thema P+R in Norderstedt weiter pushen, in dem wir die Parkfläche ausbauen und die bestehenden Plätze attraktiver gestalten“, sagt Grube.
Um zu verhindern, dass die Autofahrer nach einer Gebührenerhebung auf die kostenlosen Parkplätze am Straßenrand der umliegenden Wohngebiete ausweichen, müsse dort parallel das Anwohnerparken eingeführt werden, so Grube. Die CDU-Fraktion in der Stadtvertretung hält die Einführung von Parkgebühren in Norderstedts kostenlosen Tiefgaragen auch für unumgänglich. „Das müssen wir allein schon als Abwehrmaßnahme tun“, sagt Fraktionschef Gert Leiteritz. „Wir können nicht die Insel der Glückseligen bleiben, wenn um uns herum alle Parkgebühren erheben und wir dann von Pendlern aus der Region zugeparkt werden.“ Das Rathaus müsse schleunigst Konzepte für die Bewirtschaftung vorlegen, so Leiteritz.
SPD-Fraktionschef Jürgen Lange sieht ebenfalls Handlungsbedarf – aber nur, wenn der befürchtete „Parktourismus“ aus Hamburg auch wirklich einsetzt. „Wir müssen genau überlegen, wir wir uns verhalten. Wir sollten den Juli abwarten und schauen, wie es sich entwickelt. Bei negativen Folgen müssen wir handeln.“
Die Meinung der Menschen, die die Parkplätze in Norderstedt nutzen, ist gespalten. „Die Norderstedter P+R-Anlagen sind in gutem Zustand und zentral gelegen. Es war klar, dass die irgendwann kostenpflichtig werden müssen“, sagt Michael Wienke aus Norderstedt. Ein Parker in der Garage unter dem Rathaus sagt: „Gebühren machen keinen Sinn. P+R-Anlagen sollen die Leute vom Auto in Busse und Bahnen bringen. Wenn die Parkplätze was kosten, fahren die Autofahrer gleich ganz in die Stadt.“ Die Norderstedter Auszubildende Ann-Christin Micka, 20, nutzt die Parkplätze regelmäßig: „Gebühren sind unnötig. Wie viel sollen wir Autofahrer den noch bezahlen?“