Mehr als 4500 Besucher stürmten am Sonnabend das Norderstedter Kulturwerk am zweiten Craft Beer Day. Geschäftsführer Rajas Thiele musste zeitweilig die Türen schließen lassen.
Norderstedt. Nichts ging mehr! Rajas Thiele ließ die Türen schließen. Jedenfalls zeitweilig. Der Andrang war zu groß, ins Kulturwerk mit seinen Sälen und dem fast 100 Meter langen Foyer passte keine Haselmaus mehr hinein. „Wir hatten diesmal mit 3000 Besuchern gerechnet, es kamen 4500“, sagte der Geschäftsführer der Mehrzwecksäle GmbH, zu dem das Kulturwerk gehört.
Craft Beer Day heißt das Zauberwort, und wer eine Ansammlung von fröhlichen Menschen, Ausgeflippten und Gutbürgern, Familien mit Kindern, Großeltern und Teenies sehen will, ist bei dieser Messe für handgebraute Biere goldrichtig. So gold wie das Bier, das an den 16 Brauerei-Ständen aus Deutschland, Dänemark und Schottland aus Fass und Flasche floss.
„Als wir um 12 Uhr öffneten, warteten bereits 50 bis 60 Leute“, sagt Thiele. Um 12.15 Uhr sei das Kulturwerk gut gefüllt gewesen. „Wir haben fürs Kulturwerk von Anfang an neue Veranstaltungs-Formate geplant, und der Craft Beer Day passt hundertprozentig hierher“, sagt Thiele. Das Kulturwerk sei ein neutrales Veranstaltungshaus, in dem sich Handcraft-Bierbrauer mit Fans dieser feinen Braukunst zum Probieren und Plaudern, Fachsimpeln und Frohsinn treffen könnten.
„Craft Beer Days gibt es hier oben im Norden eher selten, deshalb kommen auch so viele Fans, und zwar aus allen Ecken Deutschlands“, sagt Thiele.
Beim ersten Craft Beer Day im vorigen März hatten Thiele und sein Team mit 1000 Besuchern gerechnet. Es kamen 2500 Bierfreunde. Diesmal stellte er sich auf 3000 Menschen ein und wurde von 4500 Gästen überrollt. „Mehr geht nicht“, sagt Thiele, und nach dem Motto „Nach der Show ist vor der Show“ plant er jetzt für März 2015 den dritten Craft Beer Day. „Kann sein, dass wir dann Eintritt nehmen werden“, sagt Thiele.
„Save the planet – drink organic“ haben sich die Schotten auf die Bierkarte geschrieben. Die Black Isle Brewery aus der Nähe von Inverness in Schottland vertreten die Kieler Gerd Schmerschneider und Gerret Goos. „Die Rohstoffe wie Hopfen und Hafer werden auf 50 Hektar komplett bio in den schottischen Highlands angebaut“, sagt Schmerschneider, der wie Goos zünftig im Schottenrock zum Craft Beer Day nach Norderstedt kam. Alle Schottenbiere, sei es RedKite, Blonde, Porter bis zu Export Scotch Ale haben eine ehrliche erdige Note.
Noch nördlicher liegt die Brauerei Aarhus Bryghus von Vater und Sohn Niels und Maes Buchwald. „Das ist fantastisch hier“, sagt Niels Buchwald im wundervollen Dänen-Deutsch. Er wagt schon mal das etwas andere Bier, baut das goldene Nass beispielsweise in alten Cognac-Eichenfässern aus. „Der alte Cognac zieht ins Bier und das Bier ins Cognac getränkte Eichenfass“, sagt er und schenkt einen Schluck Fregatten-Jylland ins Glas. Ein Jahr lagert das Bier in den 300 Jahre alten Fässern und nimmt die Tannine an. Dadurch schmeckt es besonders würzig, während ihm der Cognac ein rundes Aroma verleiht.
Neben der Zapfanlage steht eine dickbauchige Flasche Whisky, der Spirit of Aarhus. Der kommt nach dem Bier in ein Cognac-Fass. Wenn er den Spirit auf die Flasche zieht, gibt Niels Buchwald noch ein Stück Plankenholz von einer alten Fregatte dazu. Nicht nur als Hingucker, sondern auch des herben Geschmacks wegen. Sein herbster Tropfen heißt Black Monster und ist tiefschwarz. Das Pils schmeckt weich mit einer bitter-herben Note.
Für das weiße Sortiment sorgen Marion Kremer und Timo Hinkel von Schneider Weiße aus Kehlheim an der Donau im Altmühltal. Mit „Mein Grünes“ braut er auch ein Bio-Weißbier. Dunkelrubinrot beschreibt Hinkel seine Adventinus-Weiße mit „kräftigen Noten von reifen Bananen, Rosinen und Pflaumen, die auf Lakritz- und Röstaromen treffen“. Die Geschmacksbeschreibungen für Craft Biere sind genauso fantasievoll wie die der Weine.
„Und wie Weine sollte man diese handgemachten Biere auch verkosten und genießen“, sagt Thiele. Als Aperitif würden sich Fruchtbiere empfehlen, zum ersten Gang darf es gern ein amerikanisches Lagerbier aus Brooklyn mit frisch-bitterer Orange-Note sein, zu dunklem Fleisch würde statt Rotwein auch ein dunkles Bier gut munden.
Von der Ostküste kam Klüvers Küstenweizen aus Neustadt/Holstein ins Kulturwerk, aus Wildeshausen war die Privatbrauerei Thomas Bannas mit Spezialitäten dabei, und von der Elbe baute neben den Wanderbrauern Fiete Matthies und Olli Wesseloh von der Kehrwieder Kreativbrauerei auch Elbpaul aus Eimsbüttel seinen Stand auf. Braumeister Dirk Paul und seine Mitbrauer Till und Cenk machen Biere für seute Deerns, Freibeuter und Holzbeinträger. Das schmeckt dann auch sehr hopfig.
„Wir sind seit 3 Uhr hier und finden es wunderbar“, sagt Claudia Krögler, die mit ihrer Tochter Isabell Krögler und Schwester Michaela Krohn zum Craft Beer Day gekommen ist. „Besonders viel Spaß hat uns das Gitarren-Duo Jessen und Melzer gemacht“, sagt Michaela Krohn.
„Ich fand die Friends of Akkordeon Centrum“ sehr erfrischend an den Quetsch-Kommoden“, sagte Daniel Peters, der aus der Landeshauptstadt Kiel zum Craft Beer Day nach Norderstedt gekommen war. Der fernste Gast war aber wohl Tribble aus Connecticut, der sich mit Marcus aus Alveslohe und Kristian aus Norderstedt durch die Stände des Craft Beer Days probierte. „That’s great“, meinte der Mann aus Amerika.