Nach dem es auf der Schleswig-Holstein-Straße am Mittwoch erneut einen schweren Verkehrsunfall mit zwei Toten gegeben hat kommt nun die Diskussion um die Sicherheit auf der Straße in Gang.
Norderstedt „Hauptsache schnell – das kann nicht unser Ziel auf der Schleswig-Holstein-Straße sein. Sicherheit für alle muss höchste Priorität bekommen“, sagt der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Detlev Grube. „Darüber hinaus haben wir Grüne erhebliche Sicherheitsbedenken im Bereich der Übergänge an der Einmündung der Straße Am Exerzierplatz oder der Ampel beim Arriba-Bad.“
Die Schleswig-Holstein-Straße werde zunehmend zur Entlastungsstraße für die inneren Norderstedter Verkehrsströme genutzt. „Bei der Verschwenkung der Poppenbütteler Straße soll zugunsten des ungehinderten Verkehrsflusses eine weitere Ampel entfallen. Bei all dem wurde bisher offensichtlich ein Sicherheitskonzept vernachlässigt“, urteilt Grube. Tempo 80 und einfache Querungshilfen für Fußgänger und Radfahrer würden der Verkehrs-Entwicklung nicht mehr gerecht. Die Stadtverwaltung sei gefordert. Im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr forderte Grube am Donnerstag, dass die Stadt dem zunehmenden Verkehr ein „Sicherheitskonzept mit deutlichen Maßnahmen“ entgegensetzen soll. Grube: „Anderenfalls drohen hier Unfälle zur Normalität zu werden.“
Der Verkehrsexperte der Norderstedter Polizei, Kai Hädicke-Schories, findet die Häufung der tödlichen Unfälle auf der Schleswig-Holstein-Straße unglaublich, die habe ihn und die Norderstedter Polizei überrascht. Denn die Unfall-Statistik, die er seit 14 Jahren akribisch erhebt, zeuge insgesamt nicht von einer überdurchschnittlichen Unfallträchtigkeit der Straße. „Bei 25.000 Autos täglich ist die Unfallhäufigkeit normal und etwa auf dem Niveau der Bundesstraße 404.“
Die Statistik des Norderstedter Polizisten weist seit 2000 insgesamt 535 Unfälle aus, die von der Polizei aufgenommen werden mussten. Sechs Menschen verletzten sich dabei tödlich und zwar in einem signifikant kurzen Zeitraum zwischen Oktober 2012 bis heute. Daneben gab es in den letzten 14 Jahren auch noch 45 Schwerverletzte und 484 Leichtverletzte.
Erst seit zehn Jahren erhebt Hädicke-Schories auch die Blechschäden, bei denen Verfahren, etwa wegen Unachtsamkeit eingeleitet wurden, also zum Beispiel Auffahrunfälle an Ampeln. Danach wurden bei 445 Unfällen lediglich Autos demoliert.
Die mit Abstand häufigste Unfall-Ursache sei mit 120 Fällen das Abbiegen. „Es knallt am häufigsten, wenn die Fahrer nach links in die Stormarnstraße oder in die Poppenbütteler Straße abbiegen wollen“, sagt Hädicke-Schories. Das sei ein Argument für die Verschwenkung der Poppenbütteler Straße. Weitere Gründe seien der zu geringe Abstand (66 Fälle) und die Vorfahrtsmissachtung (60), darunter besonders viele Fälle an der Einmündung der Straße Am Exerzierplatz. In jeweils 40 Fällen bauten Betrunkene, Rotlichtsünder an den Kreuzungen oder Raser die Unfälle. Mit nur 15 Fällen seien die Überholmanöver als Unfallgrund eher zu vernachlässigen.
Was die Häufung der tödlichen Unfälle angehe, müssten technische Fehler wie mangelnder Straßenbelag als Ursache ausgeschlossen werden. „Wir haben den Straßenbau-Ingenieur des Landes um Prüfung gebeten.“ An einem Sicherheitskonzept für die Straße mangelt es laut Hädicke-Schories nicht: „Es wurde wirklich alles getan für die Sicherheit. Die Schleswig-Holstein-Straße ist an allen Stellen gut einsehbar, sie ist kaum kurvig, gut markiert und hat mehrere beampelte Kreuzungen, die die Fahrt heraus nehmen.“
Die Leser des Hamburger Abendblatts suchen die Verantwortung für die Unfälle eher beim Autofahrer. Denise Meister aus Henstedt-Ulzburg fährt seit Jahrzehnten die Schleswig-Holstein-Straße („mit Motorrad, Auto und Transporter und sicherlich nicht immer absolut regelgerecht“).
Wie es auf der „unspektakulären Straße“ zu diesen Unfälle kommen könne, sei ihr unbegreiflich. Unaufmerksamkeit oder Selbstüberschätzung der Fahrer, nimmt sie an. „Das Fahrverhalten dieser Leute wird sich nicht ändern, nur weil es einen anderen Fahrbahn-Belag gibt oder Leitplanken.“ Viele Fahrer seien mehr mit Navi, Smartphone oder der Zigarette beschäftigt als mit dem Straßenverkehr. Denise Meister: „Lasst die Straße in Ruhe, achtet mehr auf das falsche oder unsichere Fahrverhalten.“
Bernd Lange aus Kattendorf wünscht sich Warnschilder an den Unfallstellen. Text: „Hier starben zwei Menschen!“ Die Fahrer würden auf der Strecke dreimal mit den Schildern konfrontiert. „Das könnte schon zum Nachdenken bewegen“, schreibt Lange. Aus seiner Sicht seien nicht angepasste Geschwindigkeit, Imponiergehabe oder Unaufmerksamkeit ursächlich für die tödlichen Unfälle.
Abendblatt-Leserin Barbara Strasser sieht sich angesichts der Unfälle zu einem Appell an Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote genötigt: „Nehmen Sie bitte das Heft in die Hand. Ordnen Sie eine Reduzierung der Geschwindigkeit an. Überprüfen Sie die subjektiv viel zu hoch gefahrenen Geschwindigkeiten auf der Schleswig-Holstein-Straße. Das Grauen muss ein Ende haben.“