Kaum sind die Feiertage vorbei, will sie keiner mehr sehen: Wir haben mal nachgehakt, wie das Schicksal von Schoko-Figuren und anderen weihnachtlichen Naschereien aussieht, die im Handel liegen geblieben sind.

Kreis Segeberg. Eine angebrochene Tüte Spekulatius, die ganz billigen für 99 Cent die 600 Gramm-Packung, ein sehr großer, sehr hübsch verzierter Weihnachtsmann in Zartbitter ohne Kopf, eine noch verschlossene Monsterpackung Lebkuchen mit Schokoüberzug und eine halb geleerte Dose mit Selbstgebackenem von Mutti – Inventur in der Küche am Montag, 6. Januar. Bis auf Spekulatius, den ich am liebsten ganzjährig in meinen Milchkaffee tunken möchte, kann ich diesen Jahresend-Süßigkeitenwahnsinn jetzt nicht mehr ertragen Alles muss raus, aber so was von. Sorry, Mutti.

„Aber im Supermarkt stehen noch Nikoläuse, und Lebkuchen, und Schoko-Weihnachtsbäume. Was geschieht denn jetzt mit denen, wenn die keiner mehr will?“ Meine Tochter steht ehrlich besorgt mit einem Lebkuchen im Türrahmen ihres Kinderzimmers, in dem immer noch der leer geplünderte Adventskalender (handgemacht) hinter der Türe hängt. Sie ist immer noch im Feiertagsmodus, irgendwie.

Ich könnte jetzt sagen: Wird alles eingeschmolzen und zu Osterhasen neu gepresst. Hat man mir in dem Alter auch aufgebunden, den (Schoko-)Bären. Ich will meine Tochter aber nicht belügen. Also frage ich Leute, die sich mit dem Schicksal von Schoko-Klaus und Co auskennen. Wer nicht fragt bleibt dumm. Herza, denke ich, Herza in Norderstedt. Die machen doch in Weihnachtsschokolade. Zumindest erinnere ich die Fondant-Sterne mit Schoko, die bei mir immer zuletzt im Weihnachtsteller übrig blieben. Und die Schokokringel für den Weihnachtsbaum, mit den bunten Zuckerperlen drauf.

„Die Confiserie haben wir eingestellt, wir produzieren nur noch Schokoladen-Produkte für die Lebensmittelindustrie“, sagt eine Sprecherin des Unternehmens. Das hört sich so an, als seien auch bei Herza immer die Fondant-Sterne übrig geblieben – aber das ist jetzt reine Spekulation (den Witz mit Spekulatius verkneife ich mir jetzt mal).

Denn eben Arko in Wahlstedt. Die setzen doch Unmengen von Weihnachtsmännern, Engeln und was weiß ich noch für Schokoladen-Männchen in die vorweihnachtliche Welt. Torsten Teufert ist der Herr im zuckersüßen Arko-Reich. Und er sagt, das Schicksal der Weihnachtsware kenne zwei Prozesse. Erstens: „Unsere Filialen bieten die Ware nach den Feiertagen zu reduzierten Preisen an. Sie glauben gar nicht, wie vielen Leuten das ganz egal ist, welche Form die Schokolade hat – Hauptsache es ist Schokolade.“ Haltbar sei so ein Schoko-Klaus auch mindestens bis Ostern. „Nur wenn Schokolade schmilzt, ist es mit der Haltbarkeit vorbei“, sagt Teufert. Merke: Schwerter zu Pflugscharen geht, Weihnachtsmänner zu Osterhasen nicht.

Zweiter Prozess: „Wenn wir Restanten im Werk haben, die nicht abverkauft wurden, dann verschenken wir die an die Tafeln“, sagt Teufert. Sprich: Die Bedürftigen futtern alles weg, was nach Weihnachten nicht über den Ladentisch gegangen ist. Das ist eine so wunderbare Idee, dass einem sogar noch in der Nachweihnachtszeit die Tränen der Rührung kommen. Die Vergessenen der Schoko-Welt trösten die Vergessenen der Leistungsgesellschaft.

Teufert betont, dass heute so gut wie gar nichts mehr im Müll lande. Auch nicht in den Geschäften und Supermärkten. Dort werde ganz exakt kalkuliert. Jan Hayunga, der in Norderstedt drei Edeka-Filialen betreibt, kann das bestätigen. „Das Thema überrascht uns ja nicht gerade jedes Jahr.“

Hayunga sagt, immer einen Monat vor Ostern müsse er bei den Herstellern die Weihnachtsmänner ordern und einen Monat vor Weihnachten die Osterhasen. „Und wenn ich zu wenig ordere und sich die Kunden beschweren, dass ihre Lieblingsmarke aus ist, dann bin ich ein schlechter Kaufmann. Wenn ich zu viel ordere bin ich es aber auch.“ Beim Abverkauf spiele das Wetter eine Rolle. Regen bringt weniger, Schnee mehr Nasch-Umsatz.

Und wenn dann am 24. Dezember noch weihnachtliche Schoko- oder Backware im Regel schlummert, denn gibt es für Jan Hayunga nur einen der von Torsten Teufert genannten Prozesse: Verschenken. „Ich finde das ganz traurig, wenn nach den Weihnachtsfeiertagen um 50 Prozent reduzierte Schoko-Weihnachtsmänner in den Geschäften stehen. Diesen Graus wollen wir unseren Kunden nicht zumuten.“

Wenn der letzte Kunde sich an Weihnachten unter den Baum verabschiedet, kommt bei Hayunga das DRK und holt die komplette Rest-Ware ab, um sie an Altenheime, Bedürftige, Kindertagesstätten oder andere soziale Einrichtungen zu verteilen. „So machen wir das auch an Ostern. Die Kunden haben die Saisonware aus den Augen und wir haben mit den Resten noch was Gutes getan“, sagt Hayunga.

Das alles sind gute Nachrichten für meine Tochter. Ein schönere Verwendung für übrig gebliebene Weihnachtsmänner kann auch sie sich nicht vorstellen.

So, und nun ist gut mit dem Weihnachtszinnober. „Du kannst den angeknabberten Weihnachtsmann jetzt essen, wenn du jetzt gleich deinen Adventskalender abräumst und mir hilfst, den abgeschmückten Weihnachtsbaum vom Balkon zu schmeißen“, besteche ich sie. Der Deal steht. Jetzt sind wir bereit für Ostern.