Detlev von Liliencron besuchte oft das Tangstedter Gut, lebte zeitweilig im Herrenhaus, saß unter der Doppelbuche zwischen Wilstedt und Tangstedt und verewigte das Dorf in seinem Roman „Leben und Lüge“.

Tangstedt. Am 3. Juni 2014 jährt sich der Geburtstag des Dichters zum 170. Mal, und schon jetzt ist Detlev von Liliencrons Buch „Der Mäcen“ im Wachholtz-Verlag erschienen. Ein handliches Lesebuch des Schriftstellers, der Kollegen wie Richard Dehmel, Hermann Claudius, Ludwig Frahm und Otto Ernst nach Tangstedt holte, damals, im 19. Jahrhundert.

Tangstedt ist stolz auf seinen illustren Gast, und hat zum 100. Todestag im Juli vor vier Jahren mit vielen Veranstaltungen Liliencron gedacht, beispielsweise mit dem restaurierten Liliencron-Gedenkstein an der Tangstedter Straße an der jungen Liliencron-Buche. Unter der ehemaligen Doppelbuche hat Liliencron gedichtet: „Dicht vorm Park, wenn er von Wilstedt herlenkte, hielt er jedesmal an, um eine aus dem Knick herausgewachsene, unbeschreiblich schöne Doppelbuche immer von neuem zu bewundern.“

Die mehrere hundert Jahre alte Buche starb schließlich ab. 1987 wurde der Stamm entfernt und der Feldstein mit der Inschrift „Liliencronbuche, genannt nach dem Dichter Detlev Freiherr von Liliencron, geboren 1844 - gestorben 1909“ aufgestellt. 1989 wurde die jetzige Buche gepflanzt. Heute ist überall Liliencron in Tangstedt. Im Rathaus steht eine Büste des Dichters. Es gibt die Liliencron-Apotheke, den Liliencronring und die Liliencrontwiete. Die Tangstedter Mühle richtete ein Detlev-von-Liliencron-Zimmer ein, schließlich hielt der Dichter bei der Mühlenwirtin gern Freunde und Tangstedter frei.

„Da siehst du das alte würdige Schloß mit seinen beiden mehreckigen, efeuumsponnenen Halbtürmen, zwischen denen der Haupteingang liegt. Trotz seinem Alter, es ist vor zweihundert und dreißig Jahren gebaut, und trotz der ein wenig gedrückten Vorderansicht hat es ein durchaus, sagen wir mal, französisch distinguiertes An- und Aussehen, ein feudaler alter Herrensitz“, beschrieb Detlev von Liliencron in seinem Epos „Poggfred“ (Froschfrieden) das Tangstedter Herrenhaus. Es war des Dichters Traumschloss.

Liliencron, der immer am Existenzminimum lebte und wegen seiner Schulden aus dem Staatsdienst entlassen wurde, fand in der Schriftstellerei Anerkennung, und kein Geringerer als Kaiser Wilhelm II. gewährte ihm 1903 für fünf Jahre ein Gnadengehalt. Gleichwohl lebte er stets aus dem Vollen. Reisen nach Afrika inspirierten ihn, und davon erzählt auch die Neu-Auflage von „Der Mäcen“. Politisch korrekt ist es nicht, dafür aber original Liliencron bis zur Rechtschreibung. Da ist vom „Negermädchen“ die Rede und von „Kakerleikers“, und damit sind nicht etwa die schwarzen Insekten Kakerlaken gemeint, sondern die Ureinwohner Afrikas.

Detlev von Liliencron mutet heute etwas gestrig an, doch er war ein Vorbild für die literarische Moderne. In den 1880er-Jahren waren es auch seine Texte, vor allem „Der Mäcen“, die die Literatur erneuerten. Liliencron erprobte nicht nur neue Schreibweisen, er bediente sich auch eines Tricks, um die Zeit zu dokumentieren, denn dem „Mäcen“ liegt das Tagebuch des Wulff von Gadendorp zugrunde. Der adlige Gutsherr war reich, ein Satiriker, der sein Hab und Gut für wohltätige Zwecke bestimmte, bevor er starb. Allein 24 Millionen Mark vermachte er der Schiller-Stiftung zur Unterstützung verarmter Dichter.

Mit Gadendorps Tagebuch antwortete Liliencron auf die desolaten gesellschaftlichen Zustände am Ende des 19. Jahrhunderts, fügt viele persönliche Notizen, kritische Kommentare und Aufsätze von literarischen Zeitgenossen hinzu und hinterlässt so einen Spiegel der frühen Moderne. Ergänzt wird „Der Mäcen“ mit Gedichten und Balladen, beispielsweise von Gottfried Keller und Conrad Ferdinand Meyer, von Quellenhinweisen und -Kommentaren und einem Nachwort.

Detlev von Liliencron „Der Mäcen“, Wachholtz-Verlag, Neumünster, 240 Seiten, gebunden, 16,80 Euro überall im Buchhandel oder unter www.wachholtz-verlag.de im Internet.