Die Genossen werden die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen gemeinsam mit SPD-Landeschef Ralf Stegner und Ministerpräsident Torsten Albig bei der Regionalkonferenz am Dienstag diskutieren.

Kreis Segeberg. Der Berliner Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD wird an der sozialdemokratischen Basis im Kreis Segeberg mit viel Skepsis gesehen. Bei einer Umfrage des Abendblatts am Freitag nahmen die SPD-Mitglieder kein Blatt vor den Mund. Dass Partei-Chef Sigmar Gabriel im Koalitionsvertrag viele wichtige SPD-Forderungen eingebracht hat, bestreiten die wenigsten. Aber vielen Genossen reicht das nicht aus: Es sei immer noch „zu wenig SPD“ im Vertrag.

Die Genossen des Kreises Segeberg werden die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen gemeinsam mit SPD-Landeschef Ralf Stegner und Ministerpräsident Torsten Albig bei der Regionalkonferenz am Dienstag, 3. Dezember, zwischen 19.30 und 21.30 Uhr im Pinneberger Rathaus (Bismarckstraße 8) diskutieren. Schon am heutigen Sonnabend treffen sich die Norderstedter Sozialdemokraten, um über die 185 Seiten starke Arbeitsgrundlage der künftigen Koalition zu diskutieren. Der Segeberger SPD-Bundestagsabgeordnete Franz Thönnes wird im SPD-Podium informieren und seine Sicht darstellen. Und die ist positiv: „Mit Blick auf das SPD-Regierungsprogramm und unsere auf dem Parteikonvent beschlossenen Kernforderungen kann sich das Ergebnis der Verhandlungen sehen lassen. Dieser Vertrag trägt eine eindeutig sozialdemokratische Handschrift, was angesichts unseres Wahlergebnisses so nicht zu erwarten war, und deshalb werbe ich auch für eine Annahme beim Mitgliedervotum“, sagt Thönnes.

Auf Kreisebene haben sich die Segeberger Sozialdemokraten am Donnerstag mit dem Papier beschäftigt. „Eine einheitliche Meinung gibt es nicht“, sagt der Kreisvorsitzende Stefan Weber. Es habe durchaus viele kritische Stimmen gegeben. Wie die Norderstedter Ortsvorsitzende Katrin Fedrowitz sieht Weber aber mehr Zustimmung als Ablehnung bei der Parteibasis im Kreis. Die SPD in Henstedt-Ulzburg wird sich am kommenden Donnerstag mit dem Koalitionsvertrag beschäftigen, die Genossen in Kaltenkirchen hatten sich schon früh positioniert. Der SPD-Ortsverein lehnt eine Große Koalition einstimmig ab.

Das SPD-Mitgliedervotum ist eine reine Briefwahl. Jedes Mitglied bekommt bis spätestens 6. Dezember seine Abstimmungsunterlagen. Bis 12. Dezember, 24 Uhr, müssen sie im Postfach des Parteivorstands vorliegen. Abstimmen dürfen alle Mitglieder, die bis zum 13. November vom Ortsverein aufgenommen wurden. Wenn 20 Prozent der Mitglieder ihre Stimme abgeben, hat das Votum Gültigkeit.

Weitere Stimmen zum Koalitionsvertrag

Kathrin Fedrowitz, SPD-Vorsitzende in Norderstedt: „Die Tendenz geht zur Zustimmung. Ich erkenne im Koalitionsvertrag mit Mindestlohn, Frauenquote und Rentenabschlag die deutliche Handschrift der SPD und bin viel zuversichtlicher als vor zwei Wochen.“

Thomas Jäger, Stadtvertreter SPD Norderstedt: „Der Mindestlohn 2015 kommt viel zu spät. In der Schlüsselfrage Lohn kommt durch den Koalitionsvertrag zu wenig netto bei den Bürgern im Portemonnaie an.“

Jürgen Lange, SPD-Fraktionschef Norderstedt: „Ich zunächst war skeptisch. Aber Sigmar Gabriel hat für die SPD ein gutes Ergebnis erzielt. Er hat meine volle Unterstützung für den Koalitionsvertrag. Mehr war in diesen Verhandlungen für die SPD nicht zu erwarten.“

Stefan Weber, Vorsitzender der Segeberger Kreis-SPD: „Im Koalitionsvertrag finden sich ureigene Forderungen der SPD wieder. Deswegen sollten wir als Sozialdemokraten ruhig mitgestalten. Ich werde allen empfehlen, dem Vertrag zuzustimmen, wenn sie mich fragen.“

Horst Ostwald, Sprecher der Segeberger Kreis-SPD: „Das ist ein Ja mit Bedenken. Ich lese gerade den Koalitionsvertrag und bin mit den Ausnahmen zum Mindestlohn nicht einverstanden. Ich finde aber, dass die SPD Verantwortung übernehmen sollte.“

Michael Kannieß, SPD-Chef Tangstedt: „Die letzte Koalition verlief nicht glücklich für uns, aber das kann man nicht vergleichen. Es ist positiv, dass der Mindestlohn realisiert wurde. Dafür kann man den Kompromiss beim Betreuungsgeld eingehen.“

Uwe Engel, Stadtvertreter SPD Norderstedt: „In diesem Koalitionsvertrag ist zu wenig SPD drin. Ich habe keine Angst, die Koalition platzen zu lassen. Bei den nächsten Wahlen können wir sagen, dass wir uns treu geblieben sind.“

Reinhard Kunde, Vorsitzender der SPD Henstedt-Ulzburg: „Dass der Mindestlohn kommt, ist gut, aber es gibt zu viele Ausnahmen. Außerdem steht von der Bürgerversicherung kein Wort im Koalitionsvertrag.“