Bad Bramstedt wird einen Finanzdienstleister auf Schadensersatz verklagen. Ein Gutachter hat festgestellt, dass die Kurstadt vor der Aufnahme eines millionenschweren Kredits falsch beraten worden war.

Bad Bramstedt. Die Stadt Bad Bramstedt besitzt gute Argumente, einen Schadensersatz in sechsstelliger Höhe gegenüber dem Finanzdienstleister Bannasch geltend zu machen. Zu diesem Schluss kommt Michael Gottschalk, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Neumünster, in einem Gutachten, das dem Abendblatt vorliegt. Auslöser der Analyse war, dass Bad Bramstedt vor zweieinhalb Jahren einen Kassenkredit in Schweizer Franken aufgenommen, dies sich jedoch als Verlustgeschäft herausgestellt hatte.

Über mehrere Jahre nahm die Kommune die Beratung der Bannasch AG, ansässig in Ottobrunn bei München, in Anspruch. Schon bis Februar 2011 hatte Bad Bramstedt einen Kassenkredit in Höhe von 3 Millionen Euro abgeschlossen – damals bei der Europäisch-Iranischen Handelsbank. Bannasch schlug allerdings eine Alternative vor. „Überlegen Sie genau, ob Sie nicht lieber Ihren Kassenkredit in Schweizer Franken als in Euro aufnehmen, denn die Zinsersparnis in Schweizer Franken ist beträchtlich“, hieß es in einem Newsletter an den Bramstedter Kämmerer Gerhard Jörck.

Doch war diese Einschätzung korrekt, oder war das Währungsrisiko vielmehr erheblich? Schließlich hätte ein derartiger Kredit nur Sinn gemacht, wenn der Euro im Verhältnis zum Franken stärker geworden wäre.

Der erste Monatskredit wurde am 24. Februar 2011 gewährt – 3 Millionen Euro, zu einem Zinssatz von 0,49 Prozent, der Wechselkurs betrug 1,29, Kreditgeber war die Landesbank Baden-Württemberg. Im selben Jahr entstand noch zweimal ein weiterer Kreditbedarf von jeweils 1 Million Euro im April sowie im August. Der Wechselkurs war mittlerweile abgerutscht (1,11). Doch die Vermittlerfirma riet weiterhin zum Franken. Entsprechend wurde der 5 Millionen Euro hohe Kassenkredit letztmalig am 10. Juli 2012 verlängert.

Nur: Die Landesbank Baden-Württemberg beendete das Franken-Geschäft bald darauf komplett. Bad Bramstedt musste den Kredit im Januar 2013 zurückzahlen – umgerechnet ein Betrag von 5.199.388 Euro, es war also ein Verlust entstanden, der Zinssatz betrug 2,77 Prozent. Das Pech: Eine Woche später wäre das Defizit rund 50 Prozent geringer gewesen. „Aber die Landesbank war in dieser Sache nicht flexibel“, sagt Bad Bramstedts Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach. Rechtsanwalt Gottschalk kommt in seinen Berechnungen auf ein Minus von 140.435 Euro.

Seitdem beschäftigt die Bramstedter Politik die Suche nach den Schuldigen. Und hier kommt Michael Gottschalk zu interessanten Schlussfolgerungen. Denn obwohl die Stadt keine Versicherung gegen Wechselkursrisiken abgeschlossen hatte, können die Entscheidungsträger nicht in Regress genommen werden.

Namentlich genannt sind im Gutachten Kämmerer Jörck, Bürgermeister Kütbach sowie dessen Stellvertreter Burkhard Müller. Sie hätten die Zuständigkeiten eingehalten, es gab weder einen Verstoß gegen die Gemeindeordnung noch gegen einen Krediterlass des Innenministeriums. Dieser bezöge sich nur auf Investitions-, nicht aber auf Kassendarlehen.

Rechtsanwalt Gottschalk sieht die Ursache darin, dass Bannasch seine Auskunfts-, Warn- und Hinweispflichten nicht eingehalten hat. Die Risiken seien nicht hinreichend beschrieben worden. „Aus Sicht eines Euro-Kreditnehmers machte das Währungsrisiko bei einem Schweizer-Franken-Kredit ein Vielfaches der möglichen Zinsersparnis aus“, urteilt Gottschalk.

Der Bramstedter Hauptausschuss hat mittlerweile eine Klage beschlossen, die 2014 vor dem zuständigen Landgericht München I verhandelt werden dürfte. Ein außergerichtlicher Vergleich ist unwahrscheinlich.

Bürgermeister Kütbach ist nur bedingt erleichtert über die Nachricht, dass die Stadt nicht juristisch belangt werden kann. „So etwas darf trotzdem nicht passieren“, sagt er.

Auf Schweizer Franken wird die Stadt jedenfalls nicht mehr setzen. Und auch die Kontrollmechanismen sollen besser werden. So erhält der Finanzausschuss künftig detaillierte Berichte. Innerhalb der Verwaltung besteht nun ein Sechs-Augen-Prinzip zwischen dem Kämmerer, dem Bürgermeister sowie Marion Rettmann, Leiterin des Amtes für Finanzen und allgemeine Verwaltung.