Das Abendblatt sprach mit dem Abenteurer über seine Enttäuschung und die Schikanen der russischen Grenzbehörden. Zwei Wochen hatte die Grenzpolizei die Reise von Fuchs zum arktischen Archipel Franz-Josef-Land verhindert.
Bad Bramstedt/Murmansk. Arved Fuchs sagt entnervt "Do swidanja". Die russischen Wörter bedeuten "Auf Wiedersehen", doch ob der Expeditionsspezialist aus Bad Bramstedt Russland jemals wieder sehen möchte, ist fraglich. Zermürbt von Schikanen russischer Behörden hat der 60-Jährige am Mittwoch seine Expedition in die arktische See abgebrochen und Kurs auf Norwegen genommen.
Fuchs, der für seinen stets diplomatischen Ton bekannt ist, spricht von einer "bürokratischen Sturheit der russischen Grenzschützer" und Willkür. Ihr Verhalten sei nicht nachvollziehbar. Im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt sagte er: "Der Frust ist ebenso groß wie die Enttäuschung."
Gegen 17.30 Uhr Ortszeit ging am Mittwoch der Lotse an Bord. "Man hat uns gesagt, wir dürfen nur das Land verlassen und nirgendwo anders hinfahren", berichtet der Bramstedter. "Das ist ein Rausschmiss."
Zwei Wochen hatte die Grenzpolizei die Reise von Fuchs und seiner Crew mit dem Expeditionsschiff "Dagmar Aaen" zum arktischen Archipel Franz-Josef-Land verhindert. Das Team lag im Kohlehafen von Murmansk fest, verhandelte täglich mit den russischen Behörden über die Expedition in die arktische See, musste aber am Mittwoch vor dem "Packeis russischer Bürokratie", wie Fuchs es nennt, endgültig kapitulieren.
Immer neue Auflagen verhindern die Fahrt zum Franz-Josef-Land
Mit seinem Segelschiff "Dagmar Aaen" wollte Fuchs gemeinsam mit der Verwaltung des Nationalparks Russische Arktis nach historischen Spuren und Camps früherer Polarexpeditionen suchen und die klimatischen Veränderungen dokumentieren. "Die Expedition wäre auch für den Nationalpark-Experten an Bord die seltene Chance gewesen, kaum berührte Regionen von Franz-Josef-Land zu besuchen", sagte Fuchs. Gerade in diesem Jahr seien die Eisbedingungen sehr günstig gewesen.
Doch ständig neue Auflagen und widersprüchliche Gesetzesinterpretationen verhinderten die Weiterfahrt der "Dagmar Aaen" von Murmansk in die Arktis. Die offizielle Begründung lautet: Der Expedition fehle eine Genehmigung für das Befahren der internationalen Gewässer zwischen Murmansk und dem Franz-Josef-Land. Die russische Grenzpolizei, die dem Innenministerium in Moskau untersteht, verlangt von der "Dagmar Aaen"-Crew dafür Papiere, ohne sagen zu können, wer solche Dokumente für internationale Gewässer ausstellen soll. Russischen Schiffen dagegen werde die Fahrt nach Franz-Josef-Land genehmigt, sagte Fuchs.
Bereits Monate vor der Abfahrt hatte er sämtliche Genehmigungen für die Reise von den russischen Behörden erhalten, doch die Grenzpolizei stellte sich auch nach hartnäckigen Verhandlungen und diplomatischen Nachfragen des Auswärtigen Amtes in Berlin quer. Fuchs vermutet, dass die Militärs um ihren Einfluss in den hierarchischen Strukturen fürchten und zeigen wollen, wer in dem einstigen Sperrgebiet das Sagen hat. "Rational kann man das nicht erklären", sagte Fuchs dem Abendblatt. "Wir stellen doch mit unserem Schiff keine Gefahr für ein Land wie Russland dar."
"Der Abbruch der Expedition nach Franz-Josef-Land ist eine Demütigung"
Auch bei der Verwaltung des russischen Nationalparks ist die Enttäuschung über die Schikanen der Grenzpolizei groß. Die Online-Ausgabe von Geo Russland zitiert Vladimir Melnik, Inspektor des Nationalparks Russische Arktis, mit den Worten: "Der Abbruch der Expedition nach Franz-Josef-Land ist eine Demütigung." Man habe Arved Fuchs und seinem Team einen Traum gestohlen. Melnik gehört zum Expeditionsteam und hatte immer wieder versucht, die Grenzpolizei umzustimmen. "Wir hätten zur Erhaltung und Erforschung des Franz-Josef-Landes beitragen können", sagte er. Dabei wäre es um Wissenschaft und Forschung gegangen.
Die Schikanen der Grenzpolizei sind auch ein Thema in anderen russischen Medien. Vor der Abreise aus Murmansk gingen Kamerateams und Zeitungsjournalisten an Bord der "Dagmar Aaen", um Fuchs zu interviewen.
Fuchs wird jetzt kurzfristig nach Spitzbergen segeln
Über den Abbruch der Reise hatte Fuchs bereits seit Tagen nachgedacht. "Uns läuft die Zeit davon", schrieb er am Montag in seinem Online-Logbuch. Die kurze Zeit, in der sich das Eis um die Inseln öffne, sei bald vorüber. Der Archipel liegt nur 900 Kilometer vom Nordpol entfernt.
Fuchs hat seine gesamte Tour umgeplant und wird jetzt kurzfristig zum norwegischen Spitzbergen im Nordatlantik segeln. Dort will das Expeditionsteam die klimatische Veränderungen seit dem letzten Besuch im Jahr 2007 dokumentieren.
Damals hatte Fuchs dem Hamburger Wissenschaftler Dirk Notz Daten für dessen Klimaforschungen zur Verfügung gestellt und war bis an die Eiskante gesegelt. Die Daten wurden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Meereskunde (IfM) der Universität Hamburg ausgewertet.
"Nähere Inhalte der neu geplanten Expedition werden derzeit noch ausgearbeitet", teilte Fuchs' Sprecher Arne Steenbock in Bad Bramstedt mit.