Die Schützengilde Beckersberg gehört mit ihren 236 Mitgliedern zu den größten Schützenvereinen im Kreis Segeberg.

Jetzt wollen wir doch mal sehen, wer besser zielen kann", sagt Hans-Hinrich Schmidt, 83, und lädt seinen Enkelsohn Sascha, 30, zum Schießduell mit der Luftpistole ein. Der Mann, der neun Jahre Vorsitzender der Schützengilde Beckersberg war, der 31 Jahre Vorstandsarbeit leistete und der heute noch für den Ligabetrieb der Pistolenschützen verantwortlich ist, hebt den rechten Arm und visiert das zehn Meter entfernte Ziel an.

Auch Enkel Sascha hat die Pistole im Anschlag. Fünf, sechs Sekunden herrscht Stille im Raum, dann drücken sie gleichzeitig ab: Mitten ins Schwarze fliegen die Kugeln - das Duell endet unentschieden.

Sascha Tegeder, Oberfeldwebel bei der Bundeswehr, dient bei den Pionieren und möchte Berufssoldat werden. Zweimal - in den Jahren 2007 und 2009 - war er mit seiner Einheit in Afghanistan im Einsatz und kam beide Male heil zurück. "Dann hatte ich wieder Zeit für mein Hobby, das Sportschießen", sagt er. Gerade hat er sich für die "Lupo"-Landesmeisterschaften am 9. Juni in Kellinghusen qualifiziert.

Die 1. Mannschaft schaffte auf Anhieb den Wiederaufstieg in die Verbandsliga

Großvater und Enkel trainieren gemeinsam, und manchmal treten sie auch zusammen in der Liga an. Die 2. Luftpistolen-Mannschaft der Schützengilde hat den Landesliga-Aufstieg knapp verpasst. Mehr Erfolg hatte die 1. Mannschaft, die auf Anhieb den Wiederaufstieg in die Verbandsliga geschafft hat. Im Herbst geht die Saison wieder los. "Wir sind stolz auf unsere Sportschützen", sagt Ernst Rüder. Seit sechs Jahren ist der 60-Jährige Vorsitzender der Gilde, die per Stichtag 1. Januar 2013 mit 236 Mitgliedern drittgrößter Schützenverein im Kreis Segeberg hinter Kaltenkirchener SV (395) und Norderstedter SG (322) war.

"Wir hatten schon mehr als 400 Mitglieder, darunter 80 Jugendliche", sagt Ernst Rüder. "Wir sind aber zuversichtlich, dass der Schießsport wieder in Mode kommt." Rüder kam als Jugendlicher mit seinem Vater und seinem Bruder zum Schießsport - mit dem Fußball hatte es nicht geklappt. Platz sieben bei der deutschen Meisterschaft der Sportschützen war sein bestes Ergebnis.

Die Trendwende scheint da - auch bei der Gilde. Pistolenschützin Kim Hesselbein war Zweite bei den Landesmeisterschaften in der Junioren-C-Klasse und qualifizierte sich ebenso wie Michael Gust (Dienstgewehr 100 Meter) für die deutschen Meisterschaften.

Eine der jüngsten Schützinnen im Verein ist die 16 Jahre alte Chinesin Yifan Jiang, die in Shanghai geboren wurde. Auch ihr Vater ist bei der Gilde. Als Luftgewehrschützin hat sie schon manchen Ehrenpreis errungen.

"Der Erfolg der Schützengilde stützt sich auf drei Säulen", betont Ernst Rüder: "Auf den Sport, auf Tradition und auf Geselligkeit." Dazu passt auch der Leitspruch: "Im Herzen die Wahrheit, im Auge die Klarheit". Für die Tradition stehen die "Beckersberg's Charlevilliers". Jeden Sonntagvormittag, seit 34 Jahren schon, treffen sich die Männer der 1. Kompanie der Historischen Feuerwaffen-Schützen vor dem Schießsportzentrum Werner Hesebeck und feuern in eigener Tracht der Sparte, mit schwarzem Anzug, weißem Hemd, roter Fliege mit Band und Zylinder Salutschüsse aus der Charleville-Pistole ab, einem Replikat der französischen Kavallerie-Pistole von 1777. Dann heißt es: "Still gestanden! Hoch legt an! 1. Abteilung: Gebt Feuer! und 2. Abteilung: Gebt Feuer!"

Ohne Traditionspflege wäre ein Schützenverein undenkbar. Vorstand und Majestäten, darunter der amtierende Schützenkönig, präsentieren die Gilde bei Schützenfesten und Proklamationen überall im Kreis Segeberg, und der Königsball im Bürgerhaus zählt am 10. August wieder einmal zu den Highlights des Jahres. Öffentlich präsentieren sich die Schützen in Tracht und mit Gildefahne.

Was aber wäre ein großer Schützenverein ohne eine moderne Schießanlage? Gründungsmitglied Werner Hesebeck, der Ende März im Alter von 89 Jahren starb, war vor fünf Jahren der Retter in der Not. Der Seniorchef eines Möbelhauses spendierte aus seiner Familienstiftung 180.000 Euro. Davon erwarb die Gilde eine neue Schießanlage samt Technik. Der gesamte Stand wurde so umgebaut, dass der Schießsport auf elektronische Trefferaufnahme anstatt auf Scheiben betrieben werden kann.

Ein großer Förderer des Vereins war der im März verstorbene Werner Hesebeck

"Dieses Geld habe ich durch viel Arbeit und Mut verdient", sagte Werner Hesebeck damals. "Es geht mir finanziell gut, warum sollte ich andere nicht an meinem Glück teilhaben lassen?"

Das Glück der Schützengilde währte nicht lange. Im Laufe der Jahre hatte das Mauerwerk des Schützenhauses erheblichen Schaden genommen. "Die gemauerten Umfassungswände der 50m-Anlage sind innen und außen durchfeuchtet und sanierungsbedürftig", heißt es in der baufachlichen Stellungnahme eines Architekten vom 17. Januar dieses Jahres.

Auch die mit roten Verblendsteinen verkleidete Wand zum Beckersbergsee sei durchfeuchtet, und die gemauerten Umfassungswände der 100m-Anlage müssten aufgrund schadhafter Kopfabdeckung und fehlenden Schutzanstrichen ebenfalls saniert werden. Die Verbindungsbalken aus Holz zwischen den Stahlbetonstützen der 100m-Anlage seien, so der Gutachter, marode, ebenfalls das Dach der Zielanlage. Die Gesamtkosten einer Sanierung setzte der Architekt mit 271.686 Euro an.

Die Sanierung der Schießanlage kostet mehr als 270.000 Euro

"Diese Summe ist überhöht", glaubt Gilde-Chef Ernst Rüder. Gleichwohl will der Verein - auch mit Hilfe von Land, Kreis und Gemeinde - die erforderlichen Sanierungen voranbringen. "Die Maßnahmen können nur stückweise in Angriff genommen werden", schrieb Rüder an den Kultur- und Sportausschuss der Gemeinde. "Als ersten Bauabschnitt wird die Mauerabdeckung (Ringbalken) ausgeführt, dazu die Erneuerung der Balkenlage, die zur Stabilisierung des Mauerwerks beiträgt. Dieses Vorhaben ist finanziell vom Verein abgesegnet."

Die wirtschaftliche Situation, so der Vereinsvorstand, ließe zurzeit aber keine weitere Verschuldung zu. Ein Darlehen von 128.000 Euro für die Sanierung sei bei einem jährlichen Kapitaldienst von 9000 Euro nicht zu leisten. Also wolle man sich erst einmal selber helfen.

Zur Kapitalbeschaffung von Vereinsseite wurde bei der Jahresversammlung im März nahezu einstimmig eine Beitragserhöhung von drei Euro für Erwachsene bzw. 1,50 Euro für Jugendliche beschlossen. "Die Mitglieder haben volles Verständnis für unsere schwierige Situation", sagt Ernst Rüder. "Sie haben mir eine große Last von den Schultern genommen. Schließlich wollen wir unseren Nachfolgern keine Ruine hinterlassen. Die Gilde will ihren Schießstand am Leben erhalten."

Nächsten Montag stellen wir den Segeberger Ruderclub vor. Alle Folgen finden Sie im Internet.

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