Die neue Leitung wird Alveslohe auch in der nächsten Wahlperiode beschäftigen

Alveslohe. Die Energie kommt aus dem Norden. Mast an Mast werden sich armdicke Stromkabel an der Autobahn 7 entlang ziehen. In der Theorie sollen die 380-Kilovolt-Leitungen Strom aus den Windparks auf See in die Republik transportieren, in der Praxis sorgen sie schon jetzt für jede Menge Spannung in vielen Gemeinden. Zum Beispiel in der Gemeinde Alveslohe, die sich in der kommenden Wahlperiode ausführlich mit der Frage beschäftigen wird, ob sich die Gemeinde gegen die neue Trasse wehren kann oder die Elektrizitätsautobahn hinnehmen muss.

Fast alle Gemeinden des Amtes Kaltenkirchen-Land müssen sich mit dem Projekt des niederländischen Stromnetzbetreibers Tennet beschäftigen. In Lentföhrden, Hasenmoor und Schmalfeld verläuft die Trasse durch weitgehend unbesiedeltes Gebiet. In Nützen sind einige Gebäude an der Autobahnanschlussstelle Kaltenkirchen betroffen. Ganz dicke kommt es - wenn man Bürgermeister Peter Kroll glaubt - für Alveslohe.

"Mit geht es um die Menschen", sagt Kroll, durch dessen Gemeinde drei Kilometer der Stromtrasse verlaufen werden. Kürzlich kam eine Frau zu ihm in die Sprechstunde, die mit ihren zwei Kindern nach Alveslohe ziehen wollte und sich gleich zu Beginn des Gesprächs über den Verlauf der Trasse informiert hat. "Die Frau hat gar nicht nach Grundstückspreisen gefragt", sagt Kroll. Ob die Frau tatsächlich bald ins Dorf ziehen wird, weiß Kroll nicht. Sie hat sich nicht mehr gemeldet.

Der Bürgermeister erzählt diese Episode, um zu erklären, dass die Trasse für viele Alvesloher zu Verlusten führen wird - bei Grundstückspreisen, bei der Lebensqualität. Sechs Wohngebäude liegen im Umfeld der Trasse.

Dass nahezu gleichzeitig die Autobahn von vier auf sechs Streifen erweitert wird, macht die Lage für Anwohner nicht besser.

Besonders hart trifft es die Familie Mohr, die an der A 7 lebt und damit rechnen muss, dass in 90 Metern Entfernung von ihrem Haus eine Stromleitung verlaufen wird. Die Mohrs bewohnen ihr Grundstück seit Generationen. Zwei Söhne sind herzkrank. Wie sich die Stromleitungen auf ihre Gesundheit auswirken werden, weiß die Familie nicht. Mutter Antje Mohr hat jetzt einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht eingeschaltet.

Bei mehreren Einwohnerversammlungen haben Fachleute den Alveslohern erklärt, welche Folgen die Trasse haben könnte. Jedes Mal war der Saal voll. Außerdem hat die Gemeinde zweimal einstimmig den Verlauf der Stromtrasse abgelehnt. Rechtlich sind die Entscheidungen folgenlos. Folgenreicher könnte das Planfeststellungsverfahren sein, in dem sich alle Betroffenen zu dem Projekt äußern können. Zunächst sollte es Anfang des Jahres beginnen, dann war der Mai geplant, jetzt ist das Ende der Sommerferien im Gespräch. Nicht nur die Bürger, sondern auch die Gemeinde darf ihre Bedenken äußern, die dann von der Genehmigungsbehörde geprüft werden müssen.

Ausgelegt werden die Dokumente - wenn es soweit ist - in der Amtsverwaltung Kaltenkirchen-Land an der Schmalfelder Straße in Kaltenkirchen. Mehr als ein dutzend Aktenordner werden voraussichtlich zur Lektüre bereit liegen. Dass ein Laie den Inhalt verstehen wird, halten Verwaltungsfachleute allerdings für unwahrscheinlich.

"Wir sind für die Energiewende", sagt Peter Kroll. "Aber Tennet muss die Menschen mitnehmen. Das geschieht leider nicht." Der Bürgermeister hat auch schon darüber nachgedacht, ob möglicherweise nicht nur die betroffenen Bürger, sondern auch die Gemeinde gegen den Trassenverlauf klagen könnte. Unklar ist jedoch, ob das Dorf überhaupt klageberechtigt wäre. "Die Situation ist schwierig", sagt der Bürgermeister, der sich für die Belange seiner Bewohner einsetzen will, jedoch im Fall der Stromautobahnen kaum Instrumente zur Hand hat. "Es kann nicht sein, dass die Bürger deutliche Nachteile haben", sagt er ein wenig hilflos.

Auf den Konzern Tennet ist er auch deshalb nicht gut zu sprechen, weil er Informationen über die laufende Planung des Projekts vermisst: "Wir wissen nichts über den aktuellen Planungsstand."

Kroll weiß allerdings auch, dass eine Verlegung der Trasse nur schwer möglich sein wird. Unter Experten gilt der Verlauf entlang der A 7 als optimale Variante, um die Belastungen so gering wie möglich zu halten.

Neben der Trasse könnte auf Alveslohe noch ein weiteres Projekt der Energiewende zukommen. "Im Raum Kaltenkirchen" müsste für die Masten und Leitungen ein Umspannwerk entstehen. Präziser haben sich die Planer noch nicht festgelegt. Kroll weiß: Auch seine Gemeinde könnte als Standort infrage kommen.