Schulen und Wirtschaft in Norderstedt wollen enger zusammenarbeiten. Geplant ist auch eine Online-Praktikumsbörse für Schüler.
Norderstedt. Wirtschaft trifft Schule - unter diesem Motto haben sich Lehrer und Unternehmer in Norderstedt ausgetauscht und konkrete Vereinbarungen getroffen. So soll eine Online-Praktikumsbörse für Schüler eingerichtet werden. Die Initiative NaT (Naturwissenschaft und Technik), die in Hamburg seit fünf Jahren erfolgreich den Fächern Mathe, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) zu mehr Attraktivität verhilft und die Zusammenarbeit zwischen Gymnasien und Unternehmen fördert, will jetzt auch in Schleswig-Holstein aktiv werden. Noch für diese Woche ist ein Treffen mit Vertretern der Hochschulen im Norden geplant.
"Nur durch die direkten Begegnungen zwischen Schule und Unternehmen werden Vorurteile abgebaut und gegenseitige Bedürfnisse und Wünsche klar", sagte Gabriele Tölken von der Willy-Brandt-Gemeinschaftsschule beim Austausch, den die Entwicklungsgesellschaft Norderstedt (EgNo) organisiert hatte. Damit sprach die Pädagogin ein Grundproblem an, das seit Jahrzehnten das Verhältnis zwischen Schulen und Betrieben belastet: Die Schüler lernen aus Sicht der Arbeitgeber zum Teil an den Bedürfnissen der Wirtschaft vorbei. Umgekehrt ist in den Unternehmen noch nicht immer angekommen, wie sich das Lernen verändert hat. Immer wieder monieren Ausbilder, dass die Jugendlichen nicht mehr rechnen könnten und auch mit der Rechtschreibung auf Kriegsfuß stehen.
"Daher ist es wichtig, dass die Lehrer wissen, was die Wirtschaft von den Schülern erwartet. Und umgekehrt sollten sich die Ausbilder in den Schulen ein Bild vom Unterricht machen. Der hat sich stark gewandelt, ist längst weg vom sturen Auswendiglernen und Büffeln", sagt Christian Maack, der bei der Handwerkskammer Lübeck unter anderem für die Berufsorientierung zuständig ist. Es steigere die Lernmotivation der Schüler enorm, wenn sie beispielsweise wissen, wofür sie den Dreisatz brauchen, und wie sie ihn anwenden können.
Auch das Interesse der Unternehmen an einer intensiveren Kooperation mit den Schulen ist groß. Schließlich brauchen die Betriebe qualifizierten Nachwuchs, und da klafft eine Lücke zwischen Bedarf und Angebot. Der Mangel an Fachkräften wird sich durch die geburtenschwachen Jahrgänge in den nächsten Jahren noch verstärken. "Wir wünschen uns eine kontinuierliche Kooperation mit den Schulen und eine Einbindung in den Unterricht", sagte Oliver Lücke von Jungheinrich - der weltweit tätige Hersteller von Gabelstaplern, der in Norderstedt sein größtes Werk betreibt, öffnet die Produktion schon jetzt regelmäßig für Schulklassen.
Konkret wird Detlef Duckstein von Fritsche Sicherheitstechnik: "Wir stellen dem Gymnasium Harksheide Kamera und Monitor zur Verfügung, damit die Schüler einen Einblick in unser Berufsbild erhalten." Gymnasiasten und Techniker der Norderstedter Firma wollen gemeinsam ein Konzept erarbeiten, im Unterricht beispielsweise die Objektivstärke berechnen und ein Videosystem aufbauen.
Torben Flohr von der Handwerkskammer Lübeck nannte Beispiele, wie Schülern Berufsbilder "zum Anfassen" näher gebracht werden können. Die Willy-Brandt-Gemeinschaftsschule hat Ende 2009 Kooperationsverträge mit dem Alten- und Pflegeheim Müller, der AOK, Elektro Münster, Famila Handelsmarkt, der Schlosserei Pofahl und dem Autohaus Lüdemann & Zankel geschlossen. Schon zwei Jahre länger bereitet die Hauptschule Falkenberg ihre Schüler bei überwiegend den gleichen Firmen und Elektro Alster-Nord auf das Berufsleben vor, das Berufsbildungszentrum in Norderstedt kooperiert mit der Sparkasse Südholstein. Die Partner aus der Wirtschaft stellen die Ausbildungsberufe vor, bieten Praktika für Schüler und Betriebsbesichtigungen, präsentieren ihre Unternehmen in den Schulen und üben mit den Schülern für Bewerbungen.
"Wir haben eine hervorragende Plattform für den Austausch geschaffen, den Schulen und Unternehmen intensiv genutzt haben. Die Wirtschaft braucht qualifizierte Berufseinsteiger, hier wurde der Kontakt vertieft, konkrete Projekte vereinbart", sagte EgNo-Geschäftsführer Marc-Mario Bertermann. In einem halben Jahr will die EgNo ein weiteres Treffen anbieten.