Die Plattdütsche Bühn' Tangstedt hat am Freitag, 5. Oktober, Premiere mit der Komödie “Moral in Müggenhusen“ im “Alten Heidkrug“.
Mit Heinerle fing alles an. Damals, im zarten Alter von sechs Jahren, machte Georg Sellhorn zum ersten Mal Theater. Er ging in die erste Klasse der Tangstedter Volksschule und spielte die Titelrolle in "Heinerle im Storchennest", und das gleich auf einer großen Bühne, im Gasthaus Tangstedter Mühle. Die gibt es heute noch - ohne Bühne.
Das bedauert Georg Sellhorn, denn der heute 59-Jährige spielt immer noch Theater und hat den Bühnenverein Plattdütsche Bühn' Tangstedt so richtig auf Touren gebracht. Mit dem nächsten Stück "Moral in Müggenhusen" feiert Sellhorn seinen 25. Bühnengeburtstag. Premiere ist am Freitag, 5. Oktober, im Gasthaus Alter Heidkrug an der Bundesstraße 432 in Kayhude.
Doch Georg Sellhorn feiert nicht allein. Auch Marga Redelin aus Wilstedt spielt seit 25 Jahren bei der Plattdütschen Bühn' mit. "Zu unserem Jubiläum haben wir uns gewünscht, noch einmal unser erstes Stück zu spielen, und das war die Müggenhusen-Geschichte", sagen Sellhorn und Redelin. Obendrein feiern sie das 35. Bestehen des Theatervereins, den die Schauspielerin Eleonore Andrée und der damalige Tangstedter Amtsleiter Lothar Haase am 1. Juli 1977 mit Theaterfreunden gründeten.
Schon vor 25 Jahren hatten Redelin und Sellhorn unbändigen Spaß am Spiel um die Moral in einem Dorf. Die Einwohner regen sich über ein Nachtlokal auf. Die Politiker sollen den Sündenpfuhl schließen, doch bei der Debatte kommen so manche Dorfgeschichten ans Licht - und so manche Sünden.
"Das ist ein beziehungsreiches Stück, damit wollen wir feiern", sagt Sellhorn, der seine ganze Familie mit seiner Theaterleidenschaft angesteckt hat. Ehefrau Angelika entwirft und näht die Kostüme, Tochter Julia, 29, war jahrelang für die Bühnenmalerei zuständig, die Söhne Markus, 33, und Thomas, 31, sorgen für Beleuchtung, Ton und Technik.
"Wer so etwas wie Theaterspielen gegen seine Familie durchziehen will, macht entweder die Familie kaputt oder das Theater", sagt Sellhorn aus 25-jähriger Erfahrung. Und: "Dass meine Angelika mitmacht, ist mein großes Glück."
Lothar Haase holte "Schorsch" Sellhorn zur Schauspielerei. Doch bereits bei seinem ersten Stück entdeckte Sellhorn noch eine zweite Leidenschaft. "Beim Bühnenbau kann ich meine Ideen ausleben", sagt er heute, und die Augen leuchten. Für das erste "Moral in Müggenhusen" holte er per Lkw sogar eine Gaststube als Kulisse.
Gespielt wurde auf dem Saal der Wilstedter Mühle. Die 1896 gebaute Gastwirtschaft hatte noch eine intakte Bühne, und die Theateraufführungen fanden stets vor ausverkauftem Saal statt. So etwas Feines kann ein Theaterhase wie Sellhorn nicht leer stehen lassen. Er sprudelte über vor Ideen, was man auf der schönen Bühne mit dem großen Saal anstellen könne und organisierte plattdeutsche Abende mit der Autorin Christa Heise-Batt, NDR-Moderator Gerd Spiekermann, mit der Dithmarscher Lehrerband "Rohrstock" und vielen anderen, immer zum Vergnügen des Publikums. Dabei hätte der Abwassermeister, der auf dem Tangstedter Bauhof arbeitet, im großen Haus mit noch größerem Garten genug zu tun. Sieht alles piekfein und gepflegt aus. "Das ist das Werk meiner Eltern", sagt Sellhorn bescheiden.
Nach dem Abriss der Wilstedter Mühle im September 2009 musste Sellhorn eine neue Bühne für sein Theater suchen. Unterschlupf gewährte ihm die Familie Gammerdinger vom Kayhuder Gasthaus Alter Heidkrug. Sellhorn baute mit seinen Theaterfreunden auf dem Saal, ehemals die Remise des mehr als 400 Jahre alten Krogs, eine Bühne, und gleich die erste Premiere wurde zum Erfolg. Geprobt wird seitdem in der Scheune seines Onkels Rudolf Sellhorn in Tangstedt.
"Wir waren froh, wieder ein Zuhause zu haben", sagt Marga Redelin. Sie spielte zwar schon im ersten Stück der Tangstedter Bühn' mit, in "En Milljonär in't Huus", stieg aber wieder aus. "Vor 25 Jahren waren meine Kinder groß, und ich hatte wieder mehr Zeit", sagt die Hauswirtschafterin der Norderstedter Werkstätten. Christa Heise-Batt, damals Schauspielerin in Tangstedt, holte sie auf die Bretter. "Ich möchte die plattdeutsche Sprache erhalten, denn sie ist ein wichtiges Kulturgut", sagt die Mutter zweier Söhne, die in Hasenmoor geboren wurde, in Bad Bramstedt aufwuchs und seit 40 Jahren in Wilstedt lebt. Marga Redelin hat Mädels und Kökschen gespielt, vornehme Damen und bodenständige Frauen. "Für die Rolle der Selma in 'Moral in Müggenhusen' habe ich jetzt das richtige Alter", sagt sie und schmunzelt. Außer Marga Redelin als Selma und Georg Sellhorn als Harm spielen Annegret Bosson, Roswitha Wegner, Maren Poggensee, Wolfgang Muschter, Burkhard Kelting, Raymund Haesler, Silke Nehrlich und Henning Zabel.
Aufführungen: Freitag, 5. Oktober, 19.30 Uhr (Premiere), 6., 19.30 Uhr, 7., 16 Uhr, 12. und 13., 19.30 Uhr, 14., 16 Uhr, 19, 20. und 26., 19.30 Uhr, 27. und 28. Oktober, um 16 Uhr. Karten zu acht Euro gibt es bei der Gärtnerei Jenkel, bei Basteln und Schenken, unter Telefon 04109/9295, unter PBTangstedt@t-online und an der Abendkasse.