Der 62-jährige Geschäftsführer des CDU-Kreisverbandes ist auf einer Ostseefähre als Entertainer aufgetreten. Das Abendblatt war mit dabei.
Norderstedt. Die "Peter Pan" liegt noch am Skandinavienkai in Lübeck-Travemünde. Eigentlich hätte sie schon vor 45 Minuten ablegen und in Richtung Trelleborg schippern müssen, aber noch tut sich nichts. Egal, Vossi bringt das Schiff jetzt, um 22.45 Uhr, schon mal gehörig zum Schwanken. "Loide, Loide, Loide" ruft er und legt los. Knielanges Jackett, das Mikrofon in der Hand, links und rechts zwei nette Damen in weißen Kostümen, ein spitzbübisches Lächeln im Gesicht - und ab: "Dideldumm - Dann geht's los auf See" singt Vossi ganz wie zu alten Zeiten. Der Eröffnungssong ist so etwas wie das Motto der heutigen Nacht: Auf dem Meer, da geht die Post ab. Und wie.
Uwe Voss ist eigentlich ein durch und durch seriöser Mann. Früher war beliebt und bekannt, weil er regelmäßig die Sau rausgelassen hat. Heute lässt er sie lieber im Stall, weil sich so viel Hektik nicht mit seinem Job als Geschäftsführer des CDU-Kreisverbandes und als Öffentlichkeitsarbeiter für verschiedene Parlamentarier auf Europa-, Bundes- und Landesebene vereinbaren lässt. Manchmal allerdings sticht ihn dann doch noch der Hafer. So wie jetzt: Weil die TT-Line 50 Jahre alt wird, darf Uwe Voss aus Nahe noch einmal sein Programm abspulen.
Mehr als anderthalb Jahrzehnte als Entertainer auf hoher See
Mehr als anderthalb Jahrzehnte hat der gelernte Einzelhandelskaufmann und spätere Profi-Discjockey an Bord der Fährschiffe zwischen Deutschland und Schweden für Unterhaltung gesorgt. Silvester 2000 hat er an Bord noch einmal für so viel Stimmung gesorgt, dass die "Nils Holgersson" kurz vor dem Kentern stand, aber bald danach war Schluss mit lustig. Uwe Voss wurde seriös und setzte sein Organisationstalent fortan nur noch für die CDU ein.
Die drei Vossi-Revival-Partys an Bord der Fährschiffe "Nils Holgersson" und "Peter Pan" - eine am vergangenen Wochenende, eine am 12. Mai und eine am 6. Oktober - sind ein allerletzter Abgesang und eine Reminiszenz an eine vergangene Zeit. Die TT-Line schenkt diese Auftritte ihrem alten Entertainer und seinen vielen Fans, die damals aus allen Teilen der Republik kamen, um ein Wochenende auf hoher See durchzufeiern. Als es noch keine Party-Kreuzfahrtschiffe gab, waren die Fährschiff-Sausen der allerletzte Schrei - und ein bisschen kostengünstiger als eine Mittelkreuzfahrt waren sie auch.
Damals engagierte Uwe Voss Schlagerstars und -sternchen für die Bordparty. Rex Gildo, Roy Black, Jürgen Drews, die Goombay Dance Band, Drafi Deutscher und viele andere heuerten an und brachten die Gäste gegen gute Gage in Schwung. Heute läuft es etwas anders. Etwa so: Nachdem Vossi das Lied "Wo de Nordseewellen trecken an de Strand" beendet hat, wirft er sich schnell einen Trenchcoat über, zieht seinen Hut tief in die Stirn und gibt den Drafi: "Marmor, Stein und Eisen bricht..." Das ist schräg, aber lustig. Und irgendwie auch gekonnt.
Uwe Voss macht sich zum Narren der Bordgesellschaft - und das macht er auf seine ganz eigene, hemdsärmelige Weise sehr gut. Er kann singen, erstaunlich gut sogar, trifft und hält die Töne. Die etwas plumpe Art des Tanzens hat er herrlich kultiviert. Und er muss ja auch nicht der Vortänzer der Partygesellschaft sen. Dafür hat er schließlich die beiden Nord-Ostsee-Sirenen an seiner Seite: Die blonde Corinna Schwartz und die dunkelhaarige Stefanie Hoffmann, die schon in früheren Jahrzehnten mit Vossi unterwegs waren und jetzt wieder dabei sind, um ihn zu unterstützen. Sie singen und tanzen an seiner Seite, lassen den Hula-Hoop-Reifen um die Hüften kreisen und dürfen auch mal alleine ans Mikro. Während sie "Ich will keine Schokolade" singen, gönnt sich Vossi einen Jubi am Tresen und flirtet mit Barfrau Steffi. So viel Zeit muss sein. Und hinterher bekennt er noch kurz und trocken: "Ich hab den Jubi auf Lunge getrunken." Nach erfolgreich beendeten Liedern klopft er sich manchmal selbst auf die Schulter: "War gut, ne? Ich fand, das war gut!" War gut, Vossi, ehrlich.
Der immer wieder angestimmte Ausruf "Loide, Loide, Loide !" (soll natürlich heißen: "Leute, Leute, Leute!") ist sein Markenzeichen, die Witze bleiben artig über der Gürtellinie ("Beim Rausgehen hat mir gestern Abend jemand auf die Hand getreten..."). Familienunterhaltung eben. Vossi verteilt Plastik-Quietschen, die er noch aus früheren Jahrzehnten im Geigenkasten gehortet hat, und lässt die Gäste an bestimmten Stellen quietschen. Er veranstaltet ein Karaoke-Turnier, bringt ein Chuck-Berry-Medley und verabschiedet sich mit "I Am Sailing" von seinen Gästen. In der Nacht eine Dosis Vossi, am nächsten Nachmittag wieder - das macht noch nicht süchtig, sorgt aber für reichlich Unterhaltung.
Vor der Rede der Bundeskanzlerin tritt Vossi mit seinem Damen-Duo auf
Vor zehn, elf Jahren wäre Uwe Voss nicht im Traum auf den Gedanken gekommen, noch mal als Entertainer unterwegs zu sein. Damals hatte er drei Jahrzehnte als DJ, Entertainer und Veranstalter hinter sich und hatte die Nase gestrichen voll. "Die ständige Überdosis Spaß, das ging einfach nicht mehr", erinnert er sich. "Ich war so weit, dass ich im Radio keine Popmusik mehr hören konnte." Eine Art Midlife-Crisis muss es wohl gewesen sein, die ihn damals von den Bühnen trieb. Herr Voss wurde also seriös, und der CDU-Kreisverband nahm ihn mit offenen Armen auf. Mitglied der CDU war er zu diesem Zeitpunkt schon lange.
Bereut hat es der Kreisvorstand nie, dass sie einen "bunten Hund" wie Uwe Voss mit dem Posten des Kreisgeschäftsführers betraute. Denn seine Fähigkeiten als Organisator von Veranstaltungen kann er auch hier einbringen. Zum Beispiel am 30. April, wenn im Norderstedter Stadtpark Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den Besuchern redet: Uwe Voss ist für die Organisation zuständig und macht daraus ein Rundherum-Ereignis mit Showeinlagen (Goombay Dance Band) und mit sich selbst. Jawohl: Vossi und sein maritimes Damen-Duo treten auch auf. Denn "Einer geht noch..." - das war Vossis populärer Schlager. Einer geht immer noch. Wenn es sein muss, auch vor der Rede der Bundeskanzlerin.