Norderstedt. Sie ist eine versierte Schauspielerin, eine Komödiantin, eine Tragödin. Vor allem aber ist sie eine hervorragende Sängerin mit einer modulationsreichen Soul-Stimme. Sie röhrt und wispert, bluest und singt mit tränenerstickter Stimme. Marion Martienzen war der Star im Stück "End of the Rainbow" in der "TriBühne", das die Hamburger Kammerspiele aufführten. Nach intensiven zweieinhalb Stunden Spiel erhob sich das Publikum und dankte Martienzen und ihren zwei Partnern mit minutenlangem Applaus.
Das Stück von Peter Quilter beschreibt das Ende des kurzen Lebens der legendären Judy Garland in dramatischen Szenen, die sich im Lauf des Spiels zur Katastrophe steigern. Martienzen als Garland, Ralf Stech als Pianist Anthony und Alexander Wüst als Garland-Verlobten Mickey Deans verstrickten sich nach einem anfänglich langweiligen Spiel immer tiefer in den Strudel von Alkohol-, Tabletten- und Liebessucht.
Marion Martienzen zickt, tobt, pöbelt, droht aus dem Fenster zu springen. Sie weint, streitet, heult, lacht fröhlich und hysterisch, wird zum Kind, zum Hund, zur Diva. Besonders eindringlich ist sie als Volltrunkene. Sie hat keine Angst vor der Hässlichkeit, vor dem Banalen, und immer wieder gelingt es ihr, der Katastrophe durch komödiantische, selbstironische Spitzen ein Stück Hoffnung zu geben.
Wie aber bringt man ein derartiges Stück zum Schluss? Regisseur Martin Maria Blau löst diese Hürde klassisch einfach: Marion Martienzen sitzt als Judy Garland an der Rampe der dunklen Bühne und spielt Dorothy aus "Der Zauberer von Oz". Neben ihr erzählt Ralf Stech als Anthony von Judy Garlands letztem großen Auftritt: 20 000 Menschen, darunter alle Hollywood-Größen, feierten sie bei ihrer Beerdigung.