Norderstedter Verbraucherberatung kritisiert Vorgehen des Energieversorgers und hilft Kunden beim Anbieterwechsel

Norderstedt. Die Verbraucherzentrale in Norderstedt muss im Moment jede Menge Anfragen zum Thema Gasversorgung bewältigen. "Der norddeutsche Energieversorger E.on Hanse hat mehr als 10 000 Kunden die langjährigen Gasverträge gekündigt. Da sind viele verunsichert und befürchten, dass sie plötzlich ohne Gas dasitzen werden", sagt Juleka Schulte-Ostermann, Leiterin der Beratungsstelle, die für das gesamte nördliche Hamburger Umland zuständig ist.

Die meisten Anrufe seien aus Ellerau gekommen. Aber auch E.on-Kunden aus Henstedt-Ulzburg, Hasloh und Heist hätten um Rat gebeten. Die Kunden der Stadtwerke in Norderstedt, Kaltenkirchen und Bad Bramstedt seien nicht betroffen, da sie ihre Verträge mit den örtlichen Versorgern geschlossen hätten.

"Vielen Verbrauchern war oder ist nach wie vor nicht bewusst, dass sie eine Kündigung erhalten haben. Denn: Das Kündigungsschreiben enthält nirgendwo das Wort Kündigung, es heißt im Text lediglich, dass der bisherige Vertrag "KlassikGas" zum 30. Juni beendet werde", sagt Juleka Schulte-Ostermann. In dem versendeten Kündigungsschreiben werde den Verbrauchern der neue Tarif "IdealGas" oder "OptimalGas" angeboten. Diese Tarife seien teurer als der gekündigte Tarif.

E.on setze die Verbraucher unter Druck, indem die Kunden mittlerweile von Mitarbeitern des Energieversorgers angerufen würden und ihnen suggeriert werde, dass sie den neuen Vertrag unterschreiben müssten. Andernfalls würden sie automatisch in den sehr teuren Grundversorgungstarif eingestuft. "Ich befürchte, dass deswegen schon viele Kunden unterschreiben haben", sagt die Leiterin der Beratungsstelle.

Gekündigt werden Altverträge, die noch eine juristisch umstrittene Preisänderungsklausel enthalten, teilte E.on mit. Die betroffenen Kunden bekämen neue Verträge mit einer modernisierten Formulierung angeboten sowie einen Bonus von 80 Euro, wenn sie abschließen. Sie hätten ebenso die Möglichkeit, zu einem anderen Versorger zu wechseln. Wer gar nichts macht, wird in die sogenannte Grundversorgung übernommen und erhält weiterhin Gas - allerdings zu schlechteren Konditionen.

Die Kündigung der Altverträge steht im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit, den 52 Gaskunden mit Unterstützung der Hamburger Verbraucherzentrale vor fünf Jahren gegen E.on Hanse auf dem Weg einer Sammelklage angestrengt haben. Dabei sollte überprüft werden, ob die Preiserhöhungen von E.on Hanse in einer Phase steigender Preise angemessen und fair (juristisch: billig) waren. Nach jahrelanger Verhandlung entschied das Gericht im Oktober des vergangenen Jahres diese Frage jedoch nicht, sondern erklärte die Preisanpassungsklausel in den Verträgen von E.on Hanse insgesamt für unwirksam, weil sie zu unbestimmt sei.

Gegen diese Entscheidung des Landgerichts hat E.on Hanse Berufung eingelegt, weil es ohne die Klausel praktisch Festpreise gegeben hätte. Ein solcher Tarif wäre bei den langen Laufzeiten der Verträge und den Preisschwankungen auf den Weltmärkten aber nur mit Risikoaufschlägen möglich gewesen, die es nicht gegeben habe. E.on Hanse habe den Kunden lediglich steigende und sinkende Beschaffungskosten weitergegeben. Allein im Jahr 2009 seien die Preise dreimal gesenkt worden.

Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass niemand gezwungen sei, die neuen Verträge zu unterschreiben. Die Verbraucher können zu einem anderen Gasanbieter wechseln. Zum Thema "Wechsel des Gasanbieters" bietet die Verbraucherzentrale Norderstedt Betroffenen am 15. Juni eine Informationsveranstaltung an. Energieberater Klaus Bückner erläutert ab 13.30 Uhr in den Räumen der Beratungsstelle an der Rathausallee 38, wie Verbraucher den Anbieter mit dem günstigsten Tarif finden können und worauf bei den Vertragsbedingungen geachtet werden sollte. Die Gebühr beträgt 2 Euro pro Person. Eine Anmeldung unter Telefon 040/523 84 55 ist erforderlich.