Ihr Leben lang hat Magda Lentfer (70) Kaninchen gehalten. Nun muss sie sich auf einmal mit Tierschützern und Vertretern des Ordnungs- und des Veterinäramtes auseinandersetzen.

Henstedt-Ulzburg. Magda Lentfer (70) hat viel Erfahrung mit Tieren: Als ehemalige Bäuerin hatte sie einst den Stall voll. Aber jetzt hat sie nur noch ihre alte Katze und ihren "Muckel". Das ist ein weißes Kaninchen, das auf dem Hof hinter dem Haus an der Norderstedter Straße in einem Stall lebt. "Ich hänge an dem Tier", sagt Magda Lentfer und blickt liebevoll in den kleinen Stall. Aber sie muss sich jetzt mit Tierschützern, dem Veterinäramt und dem örtlichen Ordnungsamt auseinandersetzen. Der Vorwurf: Der Stall für "Muckel" ist zu klein. Weil die Behörden eingeschaltet wurden, muss Magda Lentfer 175 Euro zahlen.

Um Magda Lentfer nachzuweisen, dass der Kaninchenstall zu klein ist, wurde seitens des Veterinäramtes eine Begutachtung angesetzt, es gab eine Betriebskontrolle des Ordnungsamts und ein Sachverständigengutachten. "Ich habe mein Leben lang Kaninchen gehalten, und niemand hat mir Vorwürfe gemacht", sagt die verwitwete Henstedt-Ulzburgerin. "Die Tiere haben es bei mir immer gut gehabt."

So kam es zu der kuriosen Situation, die einen Behördenaufwand größeren Ausmaßes in Gang setzte: Magda Lentfer, die letztes Jahr von ihrem inzwischen abgerissenen Bauernhaus an der Kreuzung Dorfstraße/Norderstedter Straße in ein neues Haus einige Hundert Meter weiter in Richtung Henstedt-Rhen umsiedelte, nahm nur ihre Katze und das Kaninchen mit. Ihr Ehemann verstarb kurz vor dem Umzug. "Muckel" kam in einen kleinen Stall hinter dem Haus und wurde dort von ihr gehegt und gepflegt. Weil der Hinterhof wegen der noch fehlenden Sträucher von der Schniederkoppel gut einsehbar ist, sind offenbar Tierschützer aufmerksam geworden. Sie stellten aus der Entfernung fest, dass der Stall für das Kaninchen offenbar zu klein ist und informierten das Ordnungsamt der Gemeinde Henstedt-Ulzburg.

Das Ordnungsamt schritt zur Tat und überprüfte den Sachverhalt am 10. März "in der Zeit von 12.55 bis 13.10 Uhr" gemeinsam mit der zuständigen Amtstierärztin, die sich aus Bad Segeberg nach Henstedt-Ulzburg bemühte. Das Nachmessen ergab eine Breite des Stalles von 75 Zentimetern, eine Tiefe von 35 und eine Höhe von 30 Zentimetern "von der Einstreu bis zum aufklappbaren Dach. Zwar sei die Wasserflasche falsch angebracht gewesen, doch standen dem Tier Heu, trockenes Brot und verschiedene Gemüse zur Verfügung. Das Tier sei in einem guten Ernährungszustand gewesen. Trotzdem: Der Stall war nach Auffassung der Beteiligten zu klein:

"Kaninchenhaltung in einem Meerschweinchenkäfig" heißt es in einem Schreiben der Gemeinde. Zudem habe Sichtkontakt zu anderen Kaninchen gefehlt. Die allerdings gibt es im Hof von Frau Lentfer gar nicht. In dem behördlichen Schreiben wird auch auf die entsprechenden Paragrafen hingewiesen, gegen die die Kaninchenhalterin verstoßen haben soll.

Die Kaninchenhalterin verstand zwar nicht so recht, warum ihr Stall, der schon Generationen von Kaninchen beherbergt hat, zu klein sein sollte, aber sie lenkte ein und kaufte einen neuen Stall - einen Original-Kaninchenstall gebraucht für 60 statt für 170 Euro. "Ich bekomme 660 Euro Rente, da ist es nicht so einfach, Geld für einen Stall aufzubringen." Das Ordnungsamt und der Tierschutzverein haben den neuen Stall am Dienstag, 28. April, begutachtet - und auch ihn für zu klein befunden. "Das ist doch ein Original-Kaninchenstall", sagt Magda Lentfer, die den Behörden-Wirr-Warr nicht mehr versteht. "Ich habe schon so viel durchgemacht, jetzt wollen sie mich wegen des Kaninchens aufregen." Sie hatte in den letzten Tagen Ärger genug: Beim Einkaufen wurde ihr aus der Einkaufstasche die Geldbörse entwendet. Die EC-Karte wurde inzwischen in der Schuhabteilung eines Kaufhauses im Gewerbegebiet gefunden.

Joachim Gädigk, Leiter des Ordnungsamtes der Gemeinde, empfindet Tierschutzangelegenheiten schon wegen der Befindlichkeit der jeweils Betroffenen als "heiße Themen". Seiner Ansicht nach ist die von Magda Lentfer praktizierte Kaninchenhaltung jedoch "fast Tierquälerei". Hätte er einen derartigen Behördenauflauf mit wenigen Worten und ohne Kosten für Magda Lentfer verhindern können? "Frau Lentfer hat ja zunächst nicht reagiert und die Anschuldigungen bestritten", sagt der Chef des Ordnungsamtes. "Mit etwas Entgegenkommen ihrerseits wäre die Sache schnell erledigt gewesen."

Magda Lentfer allerdings bestreitet, dass sie vom Ordnungsamt vor dem offiziellen behördlichen Einschreiten angeschrieben oder angesprochen wurde.