Der von zwei Familien geführte Betrieb zeigt, dass alternative Formen der Landwirtschaft vor allem dann gelingen, wenn sich Bauern und Kunden zusammentun.
Kattendorf. Wer nicht mehr als 60 Cent für den Liter Milch ausgeben will, wird auf dem Kattendorfer Hof nicht glücklich werden. Hier kostet er 1,25 Euro. Doch wer sich Gedanken darüber macht, was er an Lebensmitteln zu sich nimmt, was diese kosten müssen und wie sie entstehen, wird hier mit offenen Armen empfangen.
Die Familien Tenthoff und von Mirbach, die den Kattendorfer Hof seit Mitte der 90er-Jahre betreiben, wollen ihre Produkte nicht einfach für irgendwen produzieren. Daran lässt Bauer Mathias von Mirbach keinen Zweifel: "Ich habe keine Lust, für einen anonymen Markt zu melken. Als Landwirt habe ich den Anspruch, einen Großteil meiner Verbraucher zu kennen. Das ist ein elitäres Ziel. Aber ich verfolge es mit aller Kraft."
Während viele seiner landwirtschaftlichen Kollegen versuchen, die stagnierenden oder sogar sinkenden Erlöse bei steigenden Produktionskosten mit herkömmlichen Mitteln zu kompensieren, haben von Mirbach und seine Mitstreiter vom Kattendorfer Hof auf neue, ungewöhnliche Ideen gesetzt - mit Erfolg.
Die Basis dafür haben sie gelegt, als sie damit begannen, den ehemals rein konventionell arbeitenden Ackerbau- und Schweinemastbetrieb auf biologisch-dynamische Wirtschaftsweise mit Milchvieh und Mastochsen umzustellen. Dafür dürfen die Produkte aus Kattendorf seit 1998 das Demeter-Siegel tragen, das ihnen bescheinigt, nach den anthroposophischen Prinzipien Rudolf Steiners hergestellt worden zu sein.
Zunächst hatten die Kattendorfer ihre Milch noch an die Molkerei in Struvenhütten geliefert, dies aber gestoppt, als ihnen bewusst wurde, dass sie die Produktion dauerhaft mehr kostet, als die Erlöse einbringen.
Also begannen sie damit, ihre Produkte selbst zu verarbeiten und anschließend zu verkaufen. Sie bauten auf dem Hof eine Käserei und einen Hofladen, verkauften ihre Waren auch auf Wochenmärkten. Doch wirklich rund läuft es erst, seit die Familien von Mirbach und Tenthoff ihre Kunden nicht erst an der Ladentheke, sondern bereits von Anfang an in das Geschehen einbeziehen.
So legten sie 100 sogenannte Kuhaktien à 500 Euro auf, die juristisch betrachtet eigentlich keine Börsenwertpapiere, sondern Genussscheine sind. Die Aktienbesitzer haben damit einen Anteil an der Kuhherde des Kattendorfer Hofes erworben. Als Gegenleistung erhalten sie Jahr für Jahr wahlweise 2,5 Prozent des angelegten Kapitals in bar oder fünf Prozent in Naturalien ausgezahlt. 90 der ursprünglich 100 Kuhaktien sind bereits verkauft.
Noch größeren Erfolg haben die Kattendorfer mit einem weiteren innovativen Modell, ihrer "Wirtschaftsgemeinschaft". Dabei zahlen die Kunden monatlich einen Festbetrag und erhalten dafür jede Woche ausreichend Lebensmittel. Für einen Anteil von 150 Euro bekommt man beispielsweise 700 Gramm Fleisch oder Wurstwaren, Milchprodukte aus zehn Liter Frischmilch (also etwa ein Kilo Käse, 2,5 Kilo Quark oder tatsächlich zehn Liter Milch) sowie Obst, Gemüse, Kartoffeln, Brot, Mehl und Getreide nach Bedarf. Gut 250 Menschen lassen sich schon auf diese Weise versorgen. Selbst auf dem Hamburger Kiez sind Lebensmittel aus Kattendorf bereits begehrt.