Karl May: Gojko Mitic startet in die letzte Saison als Winnetou am Kalkberg. Anderson Farah wird als Nachfolger gehandelt. Eine Entscheidung will die Geschäftsführung aber erst im Sommer bekanntgeben.
Bad Segeberg. Dieser Mann ist Rentner. Kaum zu glauben, aber Gojko Mitic kann es jedem schwarz auf weiß zeigen. "Ich bekomme Rente", schmunzelt der Mann, der sich seit 15 Jahren nicht mehr verändert hat. "Jetzt arbeite ich nur noch zum Spaß." Aber das mit vollem Ernst: Der Schauspieler aus Berlin, der am 13. Juni seinen 66. Geburtstag feiert, reist zum letzten Mal als Schauspieler nach Bad Segeberg: Zum 15. Mal gibt er den Winnetou bei den Karl-May-Spielen - danach ist Schluß. Und zwar unwiderruflich. Danach will er nur noch als Zuschauer kommen.
Nein, wie ein Rentner sieht er nicht aus. Und so fühlt er sich auch nicht. "Ich bin total fit", sagt Gojko Mitic, der am Dienstag mit den Proben für das diesjährige Karl-May-Stück im Segeberger Freilichttheater am Kalkberg begonnen hat. Die 55. Saison, zum 15. Mal mit dem beliebten Indianer-Darsteller, der einst in der DDR eine große Fangemeinde hatte - das paßt. "Das ist genau der richtige Zeitpunkt zum Aussteigen. Schließlich will ich aufhören, wenn ich noch eine gute Figur mache." Die wird er machen. Wenn am 1. Juli um 20.30 Uhr "Winnetou III" Premiere hat, merkt garantiert niemand, daß dort eigentlich ein Rentner gegen die bösen Schurken kämpft. Kein Wunder, denn Sport ist immer noch eine seiner liebsten Freizeitbeschäftigungen: Mitic bewohnt in Berlin ein Haus am See mit eigenem Bootssteg. Dort hält er sich mit rudern fit. Mit etwas Wehmut geht der gebürtige Jugoslawe in seine letzte Spielzeit als Winnetou, aber so richtig traurig ist er darüber auch nicht: Endlich kann er im Sommer Urlaub machen. "Nächstes Jahr fahre ich vielleicht nach Griechenland." Außerdem hat er mehr Zeit für den sonstigen Broterwerb: "In den Sommermonaten werden viele Filme gedreht, da mußte ich wegen meiner Karl-May-Verpflichtungen leider oft absagen."
Der alte Winnetou geht, der neue kommt garantiert. Denn die Karl-May-Spiele gehen auch ohne Gojko Mitic weiter. Wer aber wird Nachfolger des Kult-Indianers? Beim Schauspielerempfang zu Beginn der Karl-May-Proben im Segeberger Rathaus herrschte allgemeines Rätselraten. Die Entscheidung, so hieß es von der Geschäftsführung, falle erst im Sommer. Aber die Blicke der meisten Anwesenden fallen dann doch auf einen braungebrannten Mann mit schulterlangen Haaren: Der sieht wie Winnetou aus, ohne sich zu schminken und zu verkleiden. Es ist Anderson Farah, der in Bad Segeberg seinen fünften Prairiesommer erlebt. Eine charismatische Erscheinung, die schon im vergangenen Jahr zu Spekulationen Anlaß gab. Und tatsächlich, so sickert durch, scheint der gebürtige Brasilianer, der auch singen, tanzen und malen kann, mehr als ein Geheimfavorit zu sein. Im nächsten Jahr wäre Anderson 38 Jahre alt - Zeit genug also bis zum Eintritt in das Rentenalter den Winnetou zu spielen. "Ich weiß wirklich nicht, ob ich der nächste Winnetou bin", sagt der in Hamburg lebende Allround-Künstler lachend. Dann stellt er sich neben die langbeinige Schauspielerin Alexandra Kamp, eine der Gaststars der diesjährigen Inszenierung, und läßt sich mit ihr fotografieren. Ein sehenswertes Paar.
Überhaupt lassen die diesjährigen Gaststars eine interessante Inszenierung erwarten: Mit Winfried Glatzeder und Volker Brandt stehen zwei Männer am Kalkberg, die zu den profiliertesten deutschen Bühnendarstellern gehören. Beide waren übrigens auch schon Tatort-Kommissare, Brandt ist zudem die deutsche Stimme von Michael Douglas. Zunächst müssen sie sich durch die Proben kämpfen - auch bei Regen und Sturm.