Prozess: Zwei große Maulwurfshügel werden zum Zankapfel zwischen Nachbarn in Harksheide. Bürgermeister will schlichten.
Norderstedt. Norderstedt gilt als kinderfreundlich. Aber jetzt wird die Stadt von Bewohnern des Neubaugebietes Harksheide verklagt. Sie soll zwei große künstliche Maulwurfshügel aus einem Park entfernen, weil auf ihnen Kinder spielen und ihr Lärm einige Anwohner stört. Die Eltern sind entsetzt: "Es ist unglaublich, dass jemand in ein Neubaugebiet für junge Familien zieht und sich dann hinterher über Kinderlärm beschwert. Wer ein ausgeprägtes Ruhebedürfnis hat, sollte keine Wohnung mieten oder kaufen, die in direkter Nähe mehrerer Spielplätze und Parks liegt. So etwas sieht man doch schon bei der Wohnungsbesichtigung." Bürgermeister Hans-Joachim Grote bedauert die Klage: "Es ist außerordentlich schade, wenn ein Wohngebiet durch Streit belastet wird." Er bietet sich deshalb als Vermittler für ein klärendes Gespräch an. Die Beschwerden häufen sich. Erst vor kurzem gab es Ärger mit Anwohnern wegen des Spielmobils "Fidibus" auf dem nahegelegenen Spielplatz, das viele Kinder anlockt. Und auch im vorigen Jahr beschwerten sich Anwohner im Rathaus über Kinderlärm auf der Grünfläche an der Hans-Friedrich-Dibbern-Straße. Damals zierten noch drei Maulwurfshügel als Kunst im Raum die Fläche. Die Stadt ließ daraufhin den größten der Hügel abtragen. "Wir hatten gehofft, dass mit diesem Kompromiss alle zufrieden wären", sagt der Bürgermeister. "Aber das ist leider nicht der Fall." "Wir fühlen uns hier in Harksheide sehr wohl", sagt Eva-Helen Thoele. "Meine Kinder können hier frei und gleichzeitig behütet aufwachsen, weil das Gebiet mit seinen vielen Grünflächen und Fußwegen für kleine Kinder ideal ist. Umso trauriger ist, dass nun wegen weniger Anwohner die Bemühungen der Stadt zunichte gemacht werden." Die Grünfläche mit den Hügeln erfüllt einen wichtigen sozialen Zweck, weil sich hier Bewohner und Kinder des Wohngebiets begegnen. "Außerdem können Kleinkinder beim Klettern auf den Hügeln ihre Motorik üben. Mein Sohn hat hier das Krabbeln gelernt", meint Gabriele Träger. Das geschehe sowieso nur nachmittags. "Wenn meine drei Kinder nach Schule beziehungsweise Kindergarten draußen spielen, achte ich darauf, dass sie nicht zu laut sind", sagt Nazanin Abdi. "Außerdem müssen sie, wie andere auch, um 18 Uhr nach Hause, so dass hier niemand abends durch lärmende Kleinkinder belästigt wird." "Bisher spielen hauptsächlich kleine Kinder auf der Grünfläche und den Hügeln", bestätigt der Bürgermeister. "Es fragt sich, was passiert, wenn die Hügel durch Gerichtsbeschluss abgetragen werden müssen." Bisher konnten dort Jugendliche wegen der Maulwurfshügel nicht Fußball spielen. Aber wenn eine freie ebene Rasenfläche entsteht, wäre sie für Ballspiele ideal. "Damit entstünde mehr Lärm als jetzt durch Kleinkinder", sagt Hans-Joachim Grote. "Außerdem bleiben Jugendliche bekanntlich länger auf als Kindergartenkinder." Da es sich um eine öffentliche Grünfläche handelt, kann sich dort jeder aufhalten und bis 22 Uhr draußen spielen. "Die Zeiten, wo am Rasenrand stand ,Betreten verboten' sind zum Glück lange vorbei", meint der Bürgermeister. Er wirbt deshalb für mehr Toleranz im Umgang mit den Nachbarn. "Müssen denn immer Gerichte angerufen werden, statt miteinander zu reden?" Das fragen sich auch die Eltern. "Die Art und Weise des Vorgehens entsetzt uns eigentlich noch mehr, als die Frage, ob die Hügel wegsollen oder nicht. Anstatt uns anzusprechen und gemeinsam eine Lösung zu suchen, wollen sie die Kinder wegklagen", sagt Eva-Helen Thoele. "Kinder haben eben keine Lobby in Deutschland", meint Jutta Schmetzer. Die Eltern hoffen nun, dass sich die Stadt für ihre Interessen einsetzt: "Norderstedt kann doch nicht hinnehmen, dass einige Menschen den liebevoll angelegten Lebensraum von Kindern zerstören." Die Eltern wären zu einem Kompromiss bereit. "Wenn die Hügel hier wegmüssen, könnten sie doch auf dem weiter von Häusern entfernt liegenden Rasenstück am Ende der Hans-Friedrich-Dibbern-Straße wieder angelegt werden."