Am Freitag wird das Ehepaar Faden zum letzten Mal ihre treuen Kunden im Laden betreuen. Seit 1964 haben sie hier Fleischwaren vertrieben.
Norderstedt. Peter Faden, 76, kann es immer noch nicht richtig glauben. Er sitzt an seinem Schreibtisch im Hinterzimmer des Fleischerfachgeschäftes an der Ochsenzoller Straße und legt den Kopf auf den Schreibtisch. Tränen laufen über sein Gesicht. Frauke Faden, 75, streichelt tröstend den Arm ihres Mannes.
Der kräftige Mann ist erschüttert und fassungslos. Erschüttert, weil es für seine Entscheidung kein Zurück mehr gibt. Nach 48 Jahren schließt er das Geschäft in Alt-Garstedt für immer. Morgen, Freitag, ist der letzte Tag. Fassungslos ist er, weil er sieht, was sich in seinem Geschäft und davor abspielt: Bis zur Straße hin haben sich die Menschen eingereiht, um geduldig zu warten, bis sie bedient werden. Ein letztes Mal noch wollen viele Stammkunden hier ihr Fleisch und ihre Wurst einkaufen.
Am 3. März 1964 hatten Frauke und Peter Faden das Geschäft eröffnet
"Peter Faden, Feine Fleischwaren" steht auf dem Schild an der Hauswand. Seit 1964 kennt man nicht nur in Garstedt diese "Marke": Aus ganz Norderstedt und vielen umliegenden Orten kommen die Kunden, von denen viele hier schon bereits ein Leben lang eingekauft haben. In der Anonymität einer wachsenden Stadt gehören Geschäfte wie dieses zu den raren Einrichtungen: Supermärkte und Discounter haben den klassischen Einzelhandel mit Familiengeschäften verdrängt. Die Fleischerei Faden ist in Norderstedt eines der letzten Geschäfte, in denen der Inhaber persönlich für Qualität bürgt.
Am 3. März 1964 eröffneten Frauke und Peter Faden ihre Fleischerei an der Ochsenzoller Straße. Sie übernahmen das Geschäft der Familie Koch, die hier bereits seit 1932 Fleisch verkauft hatte. Peter Faden, der aus einer Quickborner Fleischerfamilie stammt, hatte allerdings nicht vor, einen reinen Einzelhandel zu betreiben. Parallel mit dem Geschäft startete er einen Großhandel - die Konstellation ging auf: Frauke Faden stand zusammen mit drei Verkäuferinnen und einem Schlachtergesellen im Laden, Peter Faden fuhr mit seinem Opel über Land, um als Großhändler in ganz Norddeutschland bis hin nach Bremen Fleisch auszuliefern. Nachts wurde Wurst gemacht. Diese Modell der zwei Standbeine war durchdacht: Als Großhändler konnte Peter Faden billiger einkaufen, was sich auch auf die Preise im Fleischerladen auswirkte. Selbst geschlachtet wurde zu keiner Zeit. Entscheidungen dieser Art haben das Geschäftsleben der Familie Faden geprägt: "Ich habe immer schnell reagiert und bin wachsam geblieben", sagt Peter Faden.
Es ging aufwärts - Rückschläge eingeschlossen. Schon nach sechs Jahren war die Geschäftslage so gut, dass 1970 ein größeres Gebäude an der Ochsenzoller Straße errichtet wurde. Während der Bauphase lief das Geschäft in einer Holzbaracke weiter. 1992 entstand der Neubau für den Fleischgroßhandel am Kösliner Weg. Von 1994 bis 2002 prangte das Firmenschild "Kuhlke" über dem Eingang der Fleischerei - Frauke und Peter Faden hatten das Geschäft verpachtet. Das war keine gute Erfahrung: Das Geschäft lief erst wieder richtig an, als die Familie Faden es wieder selbst übernahm. Die große Erfahrung und der gute Name lockten die Kunden wie zu alten Zeiten an.
So ist es bis heute geblieben. Die Eröffnung großer Lebensmittelmärkte in Norderstedt wirkte sich auf das Fleischerfachgeschäft keineswegs negativ aus. "Die waren nie eine Gefahr für uns", sagt Peter Faden. "Gute Schlachter kommen immer zurecht." Bis heute wirft das Geschäft Gewinne ab. Gute Ware, preiswert angeboten, heißt die Devise des Unternehmerehepaares. Preiswert konnte es nach wie vor sein, weil der Großhandel im Hintergrund stand.
Mit dem Großhandel wird weiterhin Geld verdient
Es sind familiäre Gründe, die Frauke und Peter Faden zur Aufgabe des Geschäfts zwingen. Nach dem Tod des Sohnes vor zehn Jahren lief manches nicht mehr so wie gewünscht und geplant. Mit dem Großhandel aber wird weiter Geld verdient. Denn hier hat Peter Faden einen interessanten Geschäftszweig entwickelt: Beliefert werden zum Beispiel Pizzalokale, Croqueläden und Imbisse in ganz Deutschland und Österreich. Peter Faden will weitermachen, bis seine Enkel so weit sind, um in das Geschäft einzusteigen. Ein Teil des Geschäftspersonals wird übernommen, einige aber werden auch arbeitslos. Sieben Verkäuferinnen und drei Schlachtermeister sind noch bis morgen im Geschäft tätig.
Mit der Schließung der Fleischerei Faden stirbt ein Teil von Alt-Garstedt. Aber auch die Norderstedter Geschäftslandschaft wird ein Stück ärmer: Jetzt gibt es nur noch die Stadtschlachterei Rohlff am Schmuggelstieg als reines Fleischerfachgeschäft in Norderstedt.