Lübeck/Hamburg. Stammgäste an den Küsten gelten als wetterresistent, dennoch profitieren in diesem Sommer vor allem Orte mit einem Dach.
Immer wieder spielt dieser Sommer Herbst – mit viel Regen, Sturm und Fröstel-Temperaturen. In der Nacht zu Donnerstag gab es im Erzgebirge, im Vogtland und in Nordbayern sogar Bodenfrost. Im August! Besserung ist für die kommende Woche nicht in Sicht. Darüber klagen nicht nur Urlauber, sondern auch Freibadbetreiber, Außengastronomie und Strandkorbvermieter. Erste Eisdielen verkauften bereits Glühwein statt Eis, hieß es beim Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga).
Doch es gibt auch Gewinner des kühlen Wetters: „Wenn es regnet, gehen wir shoppen“, sagen zwei Touristinnen in Lübeck. Das freut den Einzelhandel. Viele Touristen lassen sich vom Wetter nicht von ihren Plänen abhalten – im Gegenteil.
Auch Helgoland, Deutschlands einzige Hochseeinsel, verzeichnete im Juli ein Rekord-Plus von 36.272 Gästen, was einem Zuwachs von 22,9 Prozent gegenüber 2015 entspricht. Der August bewege sich bisher auf dem sehr hohen Vorjahresniveau, sagte Tourismusdirektor Klaus Furtmeier. Er führte die guten Zahlen vor allem auf das brandneue, 30 Millionen teure Fährschiff „Helgoland“ zurück, das die Besucher mit viel Komfort und bis zu 20 Knoten Fahrt „im Stile eines Mini-Kreuzfahrers“ auf die Insel bringe. Da es direkt im Südhafen festmache, könne auch das berühmte, aber unkomfortable Ein- und Ausbooten der Gäste entfallen. Laut Furtmeier ist auch das nachgewiesene Mehr an Sonnenstunden der Insel im Vergleich zum Festland ein Teil der Erklärung für die guten Zahlen. Allenfalls bei Tagesgästen sei „eine gewisse Zurückhaltung festzustellen“, sagte er.
Den Urlaubsorten fehlen Tagesausflügler
Auch viele Unterkünfte an der ostfriesischen Küste und auf den Nordsee-Inseln spürten kaum negative Folgen des Wetters, sagt Carolin Ganschinietz von der Ostfriesland Tourismus GmbH. Das liege vor allem an der hohen Stammgastquote von mehr als 60 Prozent. „Sie sind wetterresistent“, sagt die Tourismus-Expertin über die Urlauber. Manche fänden es sogar schön, wenn es stürmt. Zudem wechsele das Wetter an der Küste sehr schnell: „Durch den Wind ist ein Tiefdruckgebiet schnell durchgezogen.“
Das stürmisch-kalte Regenwetter bringt vor allem Spontan-Ausflügler weg von den Outdoor-Aktivitäten. „Uns fehlen die Tagesgäste“, heißt es vom Landesverband der Strandkorbvermieter in Schleswig-Holstein. Die Hotels und die Geschäfte seien voll, aber die Strände leer. Nach Angaben der Lübecker Schwimmbäder kamen bis zum 9. August rund 11.500 Besucher weniger in die beiden Freibäder der Stadt als im gleichen Zeitraum 2015. Auch die Hamburger Freibäder beklagen laut Bäderland-Sprecher Michael Dietel einen Rückgang von rund zehn Prozent.
Die drei Lübecker Hallenbäder dagegen verzeichneten bis zum 9. August rund 4000 Besucher mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Auch Hamburg meldete ein Besucherplus. Das relativ kleine Familien- und Erholungsbad „Oase“ in Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern hat an einem Regentag in der vergangenen Woche sogar einen absoluten Besucherrekord registriert. Nach Angaben der Betriebsleitung kamen 1100 Badegäste, durchschnittlich seien es derzeit 500. Ein heißer Sommer bedeute für das Bad normalerweise nur 200 bis 300 Gäste.
Multimar Wattforum und SeaLife die Gewinner
Im Ozeaneum und Meeresmuseum in Stralsund, den besucherstärksten Museen in Mecklenburg-Vorpommern, zogen die Besucherzahlen im August an. Registrierten die Museen im Juli noch durchschnittliche Zahlen, ging es im wechselhaften August deutlich nach oben. Allein im Ozeaneum wurden in den ersten zehn Tagen des Monats mehr als 25.000 Gäste begrüßt. Zum Vergleich: Im gesamten August 2015 kamen knapp 39.000.
Zu den Gewinnern des schlechten Wetters zählen auch das Multimar Wattforum in Tönning (Kreis Nordfriesland), das SeaLife Timmendorfer Strand, die Landesgartenschau Eutin und das Fledermauszentrum Noctalis (Bad Segeberg) mit seinen Höhlenführungen. Regen und Wind halten die Tiere in ihren Verstecken, sodass sie jetzt auch tagsüber in den Höhlen zu beobachten seien, sagte Noctalis-Geschäftsführerin Anne Ipsen.
In Hamburg profitieren Hagenbecks Tierpark und das Miniaturwunderland, das laut Mitbesitzer Frederik Braun bis zu 40 Prozent mehr Besucher verzeichnete. Verloren hat in Hamburg vor allem die Außengastronomie am Hafen. „Das waren das natürlich bittere Umsatzeinbußen“, sagte Dehoga-Hamburg-Sprecherin Ulrike von Albedyll.
Ein stabiles Sommerhoch über Deutschland ist auch für die kommende Woche nicht in Sicht. Es bleibt leicht unbeständig mit einem allerdings überwiegend freundlichen Charakter, sagte ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Der meiste Regen werde im Nordosten und in Bayern niedergehen.
Nur im Südwesten liegen die Temperaturen bei sommerlichen 30 Grad, im Norden und an der Küste werden höchstens 20 Grad erreicht. Ursache für das große Temperaturgefälle ist Hoch „Fatih“, das zum Nordmeer zieht und kalte Luft nach Norddeutschland bringt.