Travemünde. Travemünde steht als Urlaubsort bei den Hamburgern ganz oben. Das Seebad hat viel investiert und freut sich über ein Gästeplus.

Wenn heute die Ferien beginnen, zieht es viele Hamburger nach Travemünde. 8,6 Prozent der Übernachtungsgäste kommen aus der Hansestadt – mehr als in jedem anderen Ostseebad in Schleswig-Holstein. Jährlich verbringen rund 17.000 Hamburger dort ihren Urlaub. Das geht aus einem Vergleich von Gästestatistiken hervor. Travemünde macht damit seinem Ruf alle Ehre. Der Ort gilt auch als „Badewanne der Hamburger“.

Spitzenwert für Travemünde

Und in dieser Badewanne ist es im vergangenen Jahr noch einmal voller geworden. Travemünde erzielte ein Gästeplus von enormen 25,8 Prozent. Das ist der Spitzenwert unter den größeren Badeorten an Nord- und Ostseeküste. Travemündes Kurdirektor Uwe Kirchhoff freut sich über die guten Zahlen – und sieht sie als Ergebnis harter Arbeit. „Die Stadt hat hier in der Vergangenheit viel in die Infrastruktur investiert“, sagt er. „Private Investoren haben nachgezogen. So haben wir die Tourismuskrise der 90er-Jahre überwunden.“

Die Vorderreihe, Travemündes Flaniermeile am Traveufer, wurde ab 2001 zwei Jahre lang umgebaut und modernisiert. Ein Kraftakt. Aber er zahlte sich aus. 2005 eröffnete Horst Rahe, Besitzer des Hotels Louis C. Jacob an der Elbchaussee, sein neues A-Rosa-Hotel. Es entwickelte sich zum Publikumsmagneten. 2011 der nächste Schritt: Stadt und Land investierten mehr als sechs Millionen Euro, um die Strandpromenade aufzuhübschen. Das hässliche Aquatop-Schwimmbad an der Travemündung wurde abgerissen. Dort soll ein weiteres Hotel gebaut werden.

Investor baut Ferienanlage

Und auf der anderen Seite des Flusses, am Priwall, geht es jetzt erst richtig los. Entlang des Traveufers will der dänische Investor Sven Hollesen eine Ferienanlage namens „Priwall Waterfront“ bauen. Fast 130 Millionen Euro soll das Projekt kosten – sicherlich die größte Einzelinvestition seit Jahrzehnten an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste. Hotel, Ferienwohnungen, Läden, ein Indoor-Spielplatz: Mit dem „Waterfront“ dreht Travemünde an einem riesigen touristischen Rad. Investor Hollesen rechnet mit jährlich 300.000 Übernachtungen. Das wäre ein Plus von fast 50 Prozent für Travemünde. 2015 zählte der Ort insgesamt 646.720 Übernachtungen.

Am Priwall bauen Invenstoren Ferienimmobilien
Am Priwall bauen Invenstoren Ferienimmobilien © HA | Planet Haus

Travemünde ist nicht der einzige Ort an der Küste, der boomt. Besonders an der Ostsee hat es im vergangenen Jahr erheblich mehr Gäste gegeben. Die Dynamik ist hier erheblich größer als an der Nordseeküste. Ein paar Beispiele: Grömitz verzeichnete ein Gästeplus von 22 Prozent, die Gemeinde Sylt mit dem Hauptort Westerland kam nur auf 3,5 Prozent. Scharbeutz freute sich über einen Zuwachs von 13,2 Prozent, List auf Sylt musste einen Rückgang von 1,7 Prozent verkraften. Timmendorf hatte 6,8 Prozent mehr Gäste, St. Peter-Ording nur 1,2 Prozent. Reinhard Meyer (SPD), der für Tourismus zuständige schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister, sagt: „Die Ostseeküste hat in den vergangenen Jahren gewaltig aufgeholt, besonders gegenüber Mecklenburg-Vorpommern. Dennoch gibt es Luft nach oben. Wir müssen jetzt alles daransetzen, dass die Auslastung in der Nebensaison besser wird.“

Dabei wird man besonders um inländische Gäste werben müssen. Urlaub in Schleswig-Holstein ist immer noch eine Sache der Deutschen, besonders an der Nordseeküste. Von den 1439.478 Übernachtungsgästen im Jahr 2015 kamen nur rund 55.000 aus dem Ausland. Die Ostseeküste ist etwas internationaler: Unter den insgesamt 2816.975 Übernachtungsgästen waren 522.000 Ausländer. Bei den deutschen Urlaubern wird man sich insbesondere auf die Nordrhein-Westfalen konzentrieren müssen. Sie stellen immer noch die mit Abstand stärkste Gruppe. Repräsentative Gästebefragungen, die regelmäßig vorgenommen werden, zeigen aber: Der Anteil der Nordrhein-Westfalen unter den Touristen im nördlichsten Bundesland ist stark gesunken – von 43 Prozent im Jahr 1998 auf nur noch 23,7 Prozent im vergangenen Jahr. Die Niedersachsen haben stark aufgeholt. Sie stellen mittlerweile schon 19,5 Prozent der Gäste. 1998 waren es nur acht Prozent. Auf dem dritten Platz liegt Hessen (8,6 Prozent), gefolgt von Gästen aus Schleswig-Holstein selbst (7,9) und Baden-Württemberg (7,5). Auf Platz sechs folgen die Hamburger (5,9).

500.000 Tagesgäste im Jahr

All diese Zahlen beziehen sich allerdings nur auf diejenigen, die in schleswig-holsteinischen „Beherbergungs­betrieben“ (so der Fachbegriff) übernachten. Der große Bereich der Tagesgäste ist nach wie vor ein touristisches Dunkelfeld. Kaum ein Badeort kann sagen, wie viele Hamburger oder Schleswig-Holsteiner an einem schönen Sommertag an die Küste fahren.

Eine aussagekräftige Umfrage ist den Touristikern zu aufwendig und zu teuer. Olaf Dose-Miekley, Tourismuschef in Grömitz, glaubt aber, eine recht genaue Schätzung zu haben. „Wir haben mal die Autokennzeichen auf den Parkplätzen erfassen lassen und dann hochgerechnet“, sagt er. „Danach haben wir etwa 500.000 Tagesgäste im Jahr. Rund 40 bis 50 Prozent von ihnen kommen aus Hamburg und dem Speckgürtel.“ Die Tendenz sei steigend. „Die Bereitschaft ist gewachsen, für einen Tag am Meer auch längere Fahrtzeiten in Anspruch zu nehmen“, glaubt er. „Auch das nördliche Niedersachsen kommt.“

500.000 Tagesgäste – das ist locker das Dreifache der 163.174 Urlauber, die 2015 in Grömitz übernachtet haben. Unter Marketinggesichtspunkten sind die Tagesgäste ein ungenutztes Potenzial, es gibt kaum gezielte Werbemaßnahmen.

Travepromande soll schöner werden 

Auch in Travemünde nicht. Aber dafür jede Menge Pläne für die Zukunft. Kurdirektor Kirchhoff will demnächst den Abschnitt der Travepromenade zwischen Vorderreihe und Mündung aufhübschen. Im nächsten Jahr soll es losgehen. „Da ist lange nichts mehr gemacht worden“, sagt er. Vielleicht könne ein Restaurant an dieser Stelle mehr Gäste in den Ort bringen. „Eine maritime Erlebnisgastronomie zum Beispiel.“

Auch die Promenade auf der Priwallseite wird erneuert. Sechs Millionen Euro gibt die Stadt dafür aus. Eine in dieser Form einmalige Promenaden­runde entsteht: Vorderreihe hoch, an der Trave entlang bis zur Mündung, mit der Personenfähre auf die Priwallseite übersetzen, auf der neuen Promenade entlang der Trave herunter bis zur Autofähre, übersetzen auf die Altstadt-Seite. 2018 soll alles fertig sein. Wie sagte doch Tourismusminister Meyer: „Die Ostseebäder haben gewaltig aufgeholt.“ Travemünde hat sogar überholt.