Kieler Koalition will Gesetz ändern, um Fälle wie das Elmshorner Rathaus zu verhindern
Kiel. Die schwarz-gelbe Koalition in Schleswig-Holstein will den Denkmalschutz einschränken. Ein gestern vorgelegter Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass künftig der Kulturminister beim Schutz neuerer Gebäude das letzte Wort hat. CDU und FDP wollen auf diese Weise Fälle wie den des Elmshorner Rathauses verhindern. Das Gebäude ist marode, als Denkmal aber nicht ohne Weiteres zu sanieren.
"Unsere Reform sorgt dafür, dass es nicht mehr zu solchen Ärgernissen wie in Elmshorn kommt", sagte CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher. Sein FDP-Kollege Wolfgang Kubicki erinnerte an andere Fälle, in denen das Landesamt für Denkmalpflege baufällige Gebäude unter Schutz stellte und damit nötigen Modernisierungen einen Riegel vorschob. Bei einer Berufsschule in Rendsburg konnte Kulturminister Ekkehard Klug (FDP) Schlimmeres verhindern. Für die Schule gab es bereits Baumittel, sie wurde saniert.
Ein solches Veto des Ministeriums, das oberste Denkmalschutzbehörde ist, soll künftig immer dann möglich sein, wenn das Landesamt nach 1950 errichtete Gebäude unter Schutz stellen will. Für das Elmshorner Rathaus, das in den 60er-Jahren bezogen wurde, kommt der schwarz-gelbe Vorstoß allerdings zu spät. Der "Glaspalast" ist bereits ins Denkmalbuch eingetragen, fällt damit unter Bestandsschutz.
Das Rathaus entspreche nicht gerade den Vorstellungen von einem Baudenkmal, sagte die kulturpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Kirstin Funke. Sie warb gleichwohl für Verständnis. "Wir müssen leider auch abschreckende Beispiele erhalten, weil sie den Zeitgeist in der Architektur widerspiegeln." In solchen Fällen dürfe allerdings der Gesundheitsschutz der Mitarbeiter nicht unter den Tisch fallen. Es könne nicht angehen, dass in Rathausbüros aufgrund der maroden Fassade im Sommer bis zu 40 Grad herrschten.
Der Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege, Michael Paarmann, hält die Aufregung für übertrieben: "Wir sind seit vielen Monaten in Elmshorn auf einem einvernehmlichen Weg." An dessen Ende könnte eine Sanierung des Rathauses mit Segen der Denkmalschützer stehen. "Wir haben auch sonst kaum Klagen", so Paarmann. Landesweit gibt es fast 22 000 Kulturdenkmale, 7800 davon sind wegen ihres besonderen Wertes ins Denkmalbuch aufgenommen. Etwa 2000 weitere Gebäude stehen auf der Warteliste und müssen einzeln geprüft werden. Einen Pauschalschutz wie in anderen Bundesländern lehnten CDU und FDP ab.
Der Gesetzentwurf, der Ende des Monats in den Landtag geht und zum Jahreswechsel in Kraft treten soll, begrenzt den Denkmalschutz auch im Alltag. Das Landesamt soll etwa bei Umbauwünschen Rücksicht auf die wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer nehmen, Gastwirten etwa befristet Leuchtreklame erlauben, zudem nur noch im "unmittelbaren Umfeld" von Denkmalen störende Bauten unterbinden. Ein Sonnenkollektor auf einem der Nachbardächer wäre demnach erlaubt, eine Würstchenbude direkt vor dem Lübecker Holstentor weiterhin verboten.
CDU und FDP wollen zudem durchsetzen, dass denkmalgeschützte öffentliche Gebäude rollstuhlgerecht umgebaut werden dürfen. Pate stand hier eine Posse aus Schleswig. Dort kämpften Denkmalschützer für den Erhalt einer knapp zehn Zentimeter hohen Stufe vor dem Rathauseingang, weil sie ein Symbol für das Verhältnis zwischen Bürgerschaft und Obrigkeit sei. Der Eingang ist inzwischen dank eines Gerichtsurteils barrierefrei.
Kritik an der Gesetzesvorlage kam von der SPD. "Der Entwurf atmet den herben Duft des Wirtschaftsliberalismus", sagte der Kulturpolitiker Hans Müller. Der Denkmalschutz spiele nur noch die zweite Geige. Paarmann bemängelte, dass sein Amt weiterhin jedes Gebäude für sich unter Denkmalschutz stellen müsse. "Ich befürchte, dass damit nochmals kulturhistorisch wertvolle Gebäude in Schleswig-Holstein verloren gehen."