Nachdem eines ihrer Geschwister kurz nach der Geburt starb, wurden Nero und Niza per Kaiserschnitt geholt. Jetzt bekommen sie Fläschchen.

Hodenhagen. Wenn Niza satt im Bettchen liegt und ihr Bruder Nero noch gefüttert wird, ruft sie nach ihm. Sie sucht seine Nähe, und da hilft auch die Spieluhr nicht, die Regina Hamza zur Beruhigung aufgezogen hat. Die beiden weißen Löwenbabys beanspruchen ihre Pflegemutter rund um die Uhr. Rund 50 Raubkatzen hat sie schon großgezogen. Ihr Mann Hanze Hamza ist Tierinspektor des Serengetiparks Hodenhagen bei Hannover, er bringt die mutterlosen Tiere mit nach Hause. Doch noch nie waren die Umstände einer Geburt so dramatisch wie bei Niza und Nero.

Niemand hatte überhaupt bemerkt, dass die erst zweijährige Löwin Kotenay trächtig war. Der Vater der Löwenbabys ist der zweijährige Snoary. Der Tierpark hatte vor knapp einem Jahr insgesamt drei weiße Löwen von einer Zuchtfarm in Südafrika erhalten. „Als wir die drei im Sommer beobachteten, dachten wir, die spielen nur Paarung“, erzählt Prof. Michael Böer, Fachtierarzt für Wildtiere im Serengetipark und Privatdozent an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Doch am Morgen des 30. November lag ein kleines weißes Löwenbaby neben Kotenay. „Normalerweise bekommen Löwinnen aber drei bis vier Junge“, erklärt Böer. Als Kotenays Erstgeborenes 48 Stunden später tot war und die Löwin apathisch in der Ecke lag, ahnte er, dass sich noch Junge in ihrem Bauch befinden könnten. Der Tierarzt entschloss sich, die Löwin unter Vollnarkose in die Tierärztliche Hochschule nach Hannover zu bringen. Tatsächlich waren noch zwei weitere Welpen im Bauch der Mutter, und sie lebten noch. Mit einem Kaiserschnitt kamen sie gesund, aber tief anästhesiert zur Welt. „Eigentlich waren sie fast tot, wir konnten sie aber reanimieren“, sagt Böer. Die Freude über die kleinen Racker ist ihm anzusehen, wenn er sie bei den Hamzas besuchen kommt und Nero ihm bei der Untersuchung zärtlich an der Nase knabbert.

Für Professor Ingo Nolte, der zusammen mit sechs Veterinären operierte, war der Kaiserschnitt an einer Großkatze eine spannende Premiere: „Eine Löwin sieht zwar aus wie eine Katze, aber die Gebärmutter hat eine ganz andere Form. Und die Haut war so dick, dass wir sie mit einem normalen Skalpell nur schwer schneiden konnten“, berichtet er.

Nun werden die Welpen von Regina Hamza mit der Flasche gefüttert, weil Kotenay kein Gesäuge und keine Milch entwickelt hat. „Es ist fast genauso wie beim Menschenbaby, sie bekommen alle zwei Stunden zu trinken, und wenn sie ihr Geschäft gemacht haben, wasche ich sie über dem Waschbecken.“ Sie versucht, den kleinen Löwen so viel Geborgenheit zu geben wie möglich: In ein großes Stofftier hat sie eine Wärmflasche, einen Schnuller und einen alten Wecker eingebaut. „Der Sauginstinkt bei Raubkatzen ist groß, das Nuckeln beruhigt sie. Das Weckerticken ist ein Ersatz für den Herzschlag der Mutter“, sagt die 53-Jährige. In ihrer kleinen Ecke, die mit Heu, ausgelegt ist, liegen die beiden dicht beieinander auf den Kuscheltieren.

Regina Hamza beobachtet gespannt, wie sich die unterschiedlichen Charaktere der Löwenbabys entwickeln: „Nero begann früh, alleine zu saugen, und nun verteidigt er seine Mahlzeit schon gegen seine Schwester.“ Der kleine Löwe ist außerdem ein richtiger Genießer. Während seine Schwester beim Trinken sehr lebhaft ist und ihrer Ziehmutter immer mal entwischen möchte, saugt Nero genüsslich und mit halbgeschlossenen Augen in ihrem Schoß. Drei bis vier Monate bleiben die beiden nun bei ihrer Ziehmutter, dann beginnt die Eingewöhnung in die Löwen-Familie. Im Frühling können die Besucher des Serengeti-Parks die Kleinen bei ihren ersten Ausflügen im Außenbereich beobachten. (dpa)