Die Zahl der Kegelrobben in der Ostsee ist wieder gestiegen. Eine Reederei bietet nun Ausflugstouren an - viel zu früh, so Tierschützer.

Lauterbach. Ein schwarzer Punkt blinkt zwischen den Wellen auf, ganz kurz. Dann verschwindet das Schwarz wieder im Wasser. „Das war eine Robbe“, sagt Expeditionsleiter Florian Hoffmann. Die Urlauber, die eine Expeditionstour an Bord der MS „Sundevit“ gebucht haben, schauen noch einmal durch ihre Ferngläser, suchen nach dem Tier und schütteln ungläubig den Kopf. Dann bannt ein Fotograf das kegelförmige Haupt des Fischjägers aufs Foto. Der ultimative Beweis! „Das ist tatsächlich eine Robbe - eindeutig“, sagt ein Meeresbiologe.

Im Dezember letzten Jahres starteten die „Weiße Flotte“ und das Bundesamt für Naturschutz versuchsweise mit den Ausflugsfahrten zu einer Robbenbank. Nun erneuerten die Partner ihre Vereinbarung - jetzt mit Beteiligung des Landes. Sie legt fest, wie weit und auf welchen Routen sich die Schiffe nähern dürfen und limitiert die Fahrten zugleich auf eine pro Woche. Die Vereinbarung setze einen Maßstab, dem auch andere Anbieter von Robbenausfahrten oder Naturerlebnis-Exkursionen folgen sollten, sagt Umweltstaatssekretär Karl Otto Kreer. Für Henning von Nordheim, Meeresbiologe im Bundesamt für Naturschutz, ist diese Vereinbarung eine Art „Qualitätssiegel“ für robbenfreundlichen Ausflugstourismus. Jede Reederei, die dieser Vereinbarung beitrete, dokumentiere damit, dass sie sich an die vorgegebenen Standards halte.

Doch genau darin sieht der Umweltverband WWF ein Problem. „Die Fahrten zu den Liegeplätzen der Kegelrobben lassen sich schwer steuern und kontrollieren“, kritisiert Cathrin Münster vom WWF. Dafür müsse jetzt das Land Sorge tragen. Der Umweltverband befürchtet, dass das verständliche Interesse an den Tieren auch jene Wassersportler zu den Plätzen lockt, die sich nicht an die Vereinbarungen halten. „Wir haben noch keine Kolonie, in der nachweislich Nachwuchs reproduziert wird.“ Deshalb seien die Ausflugsfahrten verfrüht, so die Umweltschützerin. Nach einer gnadenlosen Ausrottung, die im 19. Jahrhundert begonnen hatte, wächst der Bestand dank umfangreicher Schutzmaßnahmen auch wieder an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns. Inzwischen werden zehn bis fünfzehn Tiere gezählt, die offenbar dauerhaft im Greifswalder Bodden leben.

Nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz wurden seit Dezember vergangenen Jahres 19 Ausflugsfahrten veranstaltet. Nur zwei Touren blieben erfolglos. Auf den siebzehn Fahrten wurden jeweils zwischen zwei bis sieben Tiere gesichtet, berichtet von Nordheim. „Wir haben inzwischen einen relativ stabilen Bestand im Greifswalder Bodden.“ Von einer Kolonie, wie sie früher auch im Greifswalder Bodden existierte, sei man aber noch weit entfernt, schränkt auch er ein. Die Kritik des WWF an den Touren hält er allerdings für unbegründet. Die Fahrten hätten gezeigt, dass sich die Tiere nicht stören ließen. Damit die Rückkehr der Robben dauerhaft bleibt, müssten die Tiere nun einen ruhigen Liegeplatz finden, erklärt der Biologe. Hoffnungen ruhen auf den künstlichen Aufspülungen in der Nähe der Insel Ruden, die im Sommer als Ausgleichsmaßnahme für den Bau der Ostsee-Pipeline angelegt wurden.

Die in Peenemünde ansässige Apollo-Reederei meldete am Montag ebenfalls Interesse an Ausflugstouren an. „Wir wissen von der Vereinbarung nichts und hätten auch gerne mitgesprochen“, sagte Mitarbeiterin Anke Tessnow. Von Robbenfahrten nach Fahrplan halte sie angesichts der vergleichsweise noch seltenen Sichtungen allerdings nichts. „Ich weiß, dass ich bei Seegang keine Tiere sehe.„ Mit falschen Erwartungen sollten keine Urlauber auf ein Schiff gelockt werden.