Die Pläne für den Neubau des niedersächsischen Landtages in Hannover stoßen bei Historikern auf Kritik. Sie fordern eine öffentliche Debatte über den Abriss des Nachkriegs-Baudenkmals.

Hannover. Ein Abriss des jetzigen Plenargebäudes muss aus Sicht des Niedersächsischen Heimatbundes und anderer Organisationen überdacht werden. Sie forderten am Freitag eine öffentliche Debatte zum Landtags-Neubau. Es sei schlechter Stil, dass die Zukunft eines wichtigen öffentlichen Gebäudes ohne Einfluss des Volkes entschieden werde, sagte Heimatbund-Geschäftsführer Wolfgang Rüther in Hannover. Die Baukommission des Landtages hatte sich in Abstimmung mit den Fraktionen für den Abriss des Plenarsaales und einen Neubau in unmittelbarer Nähe entschieden. Das Projekt soll etwa 45 Millionen Euro kosten.

Die Entscheidung sei noch nicht gefallen, sagte Heimatbund-Geschäftsführer Rüther. Der Heimatbund, der Verband der Geschichtslehrer und die Historische Kommission in Niedersachsen hoffen daher, eine breite öffentliche Debatte anzustoßen und den bisherigen Plan noch korrigieren zu können.

Eine offene Diskussion forderten auch die Landtagsgrünen am Freitag angesichts der breiten Kritik am Bauvorhaben. In einem Brief an den Landtagspräsidenten warnte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ursula Helmhold davor, "dass mit der Abrissbirne vorschnell vollendete Tatsachen geschaffen werden". Denkmalschützer empfehlen ebenfalls, den Bau des Architekten Dieter Oesterlen nicht abzureißen und stattdessen in den geplanten Neubau einzubeziehen.

Landtags-Sprecher Franz Rainer Enste wies die Kritik am Verfahren zurück. "Eine öffentlichere Debatte als die, die wir zur Zeit haben, gibt es gar nicht", sagte er. Die Baukommission habe sich aus städtebaulichen, funktionalen und wirtschaftlichen Gründen auf diese Bauvariante geeinigt - und zwar mit überragender Mehrheit. Sie soll nun Grundlage für einen bundesweit ausgeschriebenen Architektenwettbewerb sein. Es sei aber auch selbstverständlich, dass gute Vorschläge von der Kommission aufgenommen werden können. Eine endgültige Entscheidung falle Anfang des Jahres.

Der 1962 errichtete Plenarsaal gilt bei Historikern als eines der wichtigsten baulichen Zeugnisse der Nachkriegsgeschichte in Niedersachsen und als bedeutendes Architekturdenkmal.