Hannover. Die niedersächsische SPD will mit einer Doppelspitze aus der Krise. Gestern hat Wolfgang Jüttner, 62-jähriger Fraktionschef im Landtag, seinen Rückzug angekündigt. Damit können die bisherigen Wettbewerber um den Parteivorsitz, Olaf Lies und Stefan Schostok, beide in Spitzenämter aufrücken. Erwartet wird, dass Lies (42) den Landesvorsitz übernimmt und der 45-jährige Schostok an die Spitze der Fraktion gewählt wird.

Die Landespartei ächzt unter einem Schuldenberg, bei der Landtagswahl 2003 stürzte sie unter dem Spitzenkandidaten Jüttner auf 33,4 Prozent ab. Ende Januar dann kündigte der bisherige Landesvorsitzende Garrelt Duin auch noch an, er werde auf dem Parteitag Ende Mai nicht erneut kandidieren. Sofort brach wieder der alte Streit um Führungspositionen zwischen dem mit Abstand größten SPD-Bezirk Hannover einerseits und den Bezirken Braunschweig und Weser-Ems andererseits aus. Mehr als 3000 Mitglieder stimmten dann auf zehn Regionalkonferenzen über einen neuen Landeschef ab, am Ende führte Lies klar vor Schostok.

Wenn der Landesvorstand absehbar am Freitagabend dieses Personalpaket schnürt, wird ein Parteitag mit Kampfabstimmung vermieden. Dieses Duell hätte das Gegeneinander der Bezirke noch angeheizt. Dass er diese einvernehmliche Lösung einer Doppelspitze bevorzugen würde, hatte am vergangenen Wochenende bereits der scheidende Landesvorsitzende Duin angedeutet - mit der Feststellung, bei Lies und Schostok sei die Niedersachsen-SPD in guten Händen. Als denkbar gilt jetzt, dass Jüttner sein Amt nicht erst im Herbst, sondern zum Parteitag Ende Mai zur Verfügung stellt. Dann könnte die Doppelspitze quasi zeitgleich ins Amt gehievt werden.

Schostok ist Vorsitzender des großen Bezirks Hannover, Lies stellvertretender Landesvorsitzender. Dass sie bislang konkurrenzlos um die Führungspositionen rangelten, zeigt auch, dass die Niedersachsen-SPD kein Führungspersonal mehr hat. Beide Bewerber sind erst Anfang 2008 erstmals in den Landtag gewählt worden. Wenn die SPD keinen Kandidaten von außen präsentiert, ist die Entscheidung für die Doppelspitze zugleich eine Vorfestlegung auf Lies oder Schostok als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl Anfang 2013. Entscheiden darüber soll erstmals die SPD-Basis in Urabstimmung.

Mit dem 62-jährigen Jüttner nimmt jetzt der letzte prominente SPD-Politiker aus der Ära des Ministerpräsidenten Gerhard Schröder seinen Hut. Jüttner gehört dem Landtag seit 1986 an, war Fraktionschef und von 1998 bis 2003 Umweltminister. 2008 trat er als Spitzenkandidat bei der verlorenen Landtagswahl an.