Olaf Lies und Stefan Schostok gehen aus dem Schaulaufen als Favoriten für das Amt des Landesvorsitzenden hervor.

Hannover. Die niedersächsische SPD-Basis macht es spannend: Nach zehn Regionalkonferenzen liegen die beiden Kandidaten Olaf Lies und Stefan Schostok so eng beieinander, dass es am Ende wohl zur Kampfkandidatur um den Landesvorsitz kommen wird. Zu entscheiden haben letztlich rund 200 Delegierte auf einem Landesparteitag am 29. Mai in Stade. Spannend bleibt das Rennen um den Vorsitz vor allem durch Monika Griefahn. Die 55-jährige frühere niedersächsische Umweltministerin und ehemalige Bundestagsabgeordnete (Landkreis Harburg) hat sich ebenfalls um den Vorsitz beworben, bekam aber in der Summe der zehn Regionalkonferenzen nur 386 Stimmen (über zwölf Prozent), Lies dagegen 1542 (über 48 Prozent) und Schostok 1237 (39 Prozent).

Wenn die Delegierten auf dem Parteitag das ähnlich sehen, wird kein Kandidat im ersten Wahlgang die notwendige absolute Mehrheit erreichen. Im zweiten Wahlgang hat dann Lies die besten Chancen, weil es nur noch um die relative Mehrheit geht. Verzichtet Griefahn aber, verbessert das die Chancen des zweitplatzierten Schostok, da er wie sie aus dem größten Bezirk Hannover kommt.

Griefahn selbst hält sich noch bedeckt. "Ich habe das noch nicht endgültig entschieden", sagte sie gestern dem Abendblatt auf Nachfrage. Sie wolle die aus ihrer Sicht "etwas unklare Lage" jetzt mit den beiden anderen Kandidaten besprechen.

Nachdem der bisherige Landesvorsitzende Garrelt Duin Ende Januar völlig überraschend angekündigt hatte, er werde nicht wieder für den Landesvorsitz kandidieren, machte die SPD aus der Not eine Tugend. Es gab keine profilierte Persönlichkeit mehr, die sich als Nachfolger aufgedrängt hätte. Also beschloss der Parteirat eine Art Schaulaufen möglicher Kandidaten in allen Landesteilen, um dabei jedes Mal die Basis abstimmen zu lassen. Das erwies sich für die auch durch hohe Schulden krisengeplagte Landespartei als erfolgreich: Insgesamt kamen mehr als 3100 Mitglieder, es gab lebhafte Diskussionen. Vor allem aber waren die Regionalkonferenzen für die Kandidaten geeignet, sich bekannt zu machen.

Sowohl der 42-jährige Elektroingenieur Olaf Lies aus dem SPD-Bezirk Weser-Ems als auch der 45-jährige Sozialpädagoge Schostok sind erst vor zwei Jahren erstmals in den Landtag eingezogen und waren bis vor wenigen Wochen weitgehend unbekannt. Lies ist stellvertretender Landesvorsitzender und war bislang vor allem in der Kommunalpolitik engagiert. Schostok war Geschäftsführer und ist jetzt Vorsitzender des Bezirks Hannover. Beide werden dem linken SPD-Flügel zugerechnet.

Völlig offen ist, ob die Landes-SPD auf dem Parteitag wieder in ihre beiden traditionellen Flügel zerfällt. In der Vergangenheit haben sich meist die beiden Bezirke Weser-Ems und Braunschweig gegen den größten Bezirk Hannover verbündet, der wiederum meist von Niedersachsen Nord unterstützt wird. Die Ergebnisse der Regionalkonferenzen spiegeln diesen Konflikt ganz deutlich. Schon am Freitag dieser Woche soll der Landesvorstand seine Empfehlung aussprechen, eine Festlegung auf einen Kandidaten ohne vorherige Einigung der beiden Kontrahenten gilt als unwahrscheinlich, weil dies die Gräben wieder aufreißen würde. Lies sagte dazu: "Wir müssen verantwortungsvoll mit der Situation umgehen, das sind wir den Mitgliedern der Partei schuldig." Schostok wiederum zeigte sich kämpferisch: "Diese Partei mag uns beide, sie hat nun die Qual der Wahl." Als möglich gilt, dass jetzt bereits diskret ein Paket geschnürt wird, bei dem es auch um die Frage des Fraktionsvorsitzes im Landtag und den nächsten Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2013 geht.

Auf dem Parteitag im Mai will die SPD außerdem durch Satzungsänderungen den Einfluss der Mitglieder auf Personal-, aber auch Sachentscheidungen vergrößern. So soll bereits der nächste Spitzenkandidat für die Landtagswahl durch eine Urwahl bestimmt werden.