Das Hebewerk ist nur für Schiffe von einer Länge von bis zu 100 Metern ausgelegt. Doch das könnte bald nicht mehr ausreichen.

Hannover/ Scharnebeck. Am 15. Juni 1976 ging das Schiffshebewerk Scharnebeck bei Lüneburg in Betrieb. In zwei riesigen Trögen werden seitdem Binnenschiffe von bis zu 100 Meter Länge auf der Fahrt auf dem Elbe-Seitenkanal von Hamburg Richtung Mittellandkanal um 38 Meter gehoben. Aber die damals weltweit größte Anlage ihrer Art droht jetzt zum Nadelöhr zu werden. Der niedersächsische Verkehrsminister Jörg Bode (FDP) fordert deshalb von der Bundesregierung: "Wir brauchen dringend ein neues oder ein ergänzendes Abstiegsbauwerk."

Im Blick hat Bode dabei vor allem Deutschlands größten Hafen Hamburg. Im Jahr 2007, so rechnete er vor, seien nur ein Prozent der fast zehn Millionen Container mit Schiffen ins Binnenland transportiert worden, dagegen 46 Prozent über die Straße - rund 9.000 Lastwagen täglich. Angesichts des zu erwartenden Zuwachses auf mehr als 23 Millionen Container im Jahr 2025 sieht Bode nur auf dem Wasser Reserven, um den Verkehrsinfarkt zu vermeiden: "Die Vorteile liegen auf der Hand, es gibt eine geringere CO2-Belastung, kaum Lärmbelästigung, hohe Verkehrssicherheit und Kapazitäten."

Landesweit will der Minister Kanäle und Flüsse für größere Schiffe passierbar machen, aber im Blick hat er vor allem das Schiffshebewerk: "Das ist der entscheidende Engpass." Dabei geht es nicht nur um das Problem, dass die modernen Motorschiffe und Schleppverbände mit deutlich mehr als 100 Meter Länge nicht mehr in die beiden Tröge passen. In der von Bode präsentierten und von der Stiftung der Bauindustrie Niedersachsen in Auftrag gegebenen Studie kommen die Experten des Instituts für Wasserbau an der Universität Hannover auch zu dem Schluss, dass angesichts steigender Verkehrszahlen das Schiffshebewerk zur Stauzone für die Schiffe wird. Kanäle sind Bundeswasserstraßen, weswegen Bode das Gutachten jetzt Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in Berlin präsentierten will.

Die Kosten für ein neues Schiffshebewerk sieht Bode "im unteren dreistelligen Millionenbereich". Dies aber würde nur gelten, wenn es tatsächlich nur zu einem Ergänzungsbauwerk für besonders große Schiffe kommt. Ein Neubau dagegen, der über Schleusen oder Hebewerk auch das Problem der drohenden Wartezeiten langfristig lösen würde, wird von Experten auf mindestens 350 Millionen Euro geschätzt. Zum Vergleich: Für den Bau des 115 Kilometer langen Elbe-Seitenkanals zwischen Hamburg und dem Mittellandkanal bei Wolfsburg hat der Bund in den 70er-Jahren 1,7 Milliarden Mark aufgebracht, davon rund 150 Millionen für das Hebewerk.

Inzwischen ist der Mittellandkanal auch durch die deutsche Einheit längst die zentrale Verkehrsachse auf dem Wasser von West (Rhein und Ruhrgebiet) nach Ost (Berlin). Und der Elbe-Seitenkanal wiederum ist langfristig der Zubringer aus dem Seehafen Hamburg schlechthin, weil der Ausbau der Elbe ruht. Ein Neubau des Schiffshebewerks wäre planerisch nicht schwierig. Die nötigen Flächen sind im Bundesbesitz. So könnte das neue Hebewerk neben dem alten entstehen, der Betrieb liefe ungestört weiter.

Insgesamt beträgt der Höhenunterschied zwischen Hamburg und Wolfsburg sogar 61 Meter, aber die Schleusen in Höhe Uelzen überwinden nicht nur die hinter Scharnebeck noch verbleibenden 23 Meter Höhenunterschied, sie sind auch schon ausgebaut für die neuen großen Binnenschiffe.