Hannover. Auf verängstigte, schreiende Kinder nahmen sie keine Rücksicht: Rund 30 Hooligans stürmten an diesem Wochenende auf dem kleinen Bahnhof Weddel bei Braunschweig einen Regionalzug, schlugen mit Eisenstangen Waggonfenster ein, warfen Rauchkörper in den Zug. Die Attacke galt rund 130 Fans der zweiten Mannschaft des Fußballklubs Hannover 96, die auf der Rückreise von einem Regionalligaspiel waren. Dass die bei Bundesligaspielen bekannte Gewalt jetzt zunehmend den Amateurfußball erfasst, bereitet der Politik Sorge und beschert den Polizisten Überstunden.
"Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt", fasste am Montag ein Sprecher der Bundespolizei die Ereignisse am kleinen Haltepunkt Weddel zusammen. In dem Zug waren neben den Fußballfans Dutzende von anderen Reisenden, darunter Kinder, Jugendliche und Frauen. Die suchten Schutz bei den rund 35 Beamten der Bundespolizei, die die Fußballfans aus Hannover begleiteten, weil auch hier potenzielle Rowdys vermutet wurden. Den Beamten gelang es, die Fans im Zug daran zu hindern, auf die Angreifer loszugehen. Diese wiederum hatten dem Zug im Dunkeln regelrecht aufgelauert.
Ein Sprecher der Bahnpolizei vermutete die Täter im Umfeld von Eintracht Braunschweig: "Das ist durchstrukturierte organisierte Gewalt von hoher negativer Qualität."
Laut niedersächsischem Innenministerium gibt es inzwischen allein in diesem Bundesland rund 1100 Personen, die der sogenannten gewaltbereiten Ultraszene angehören. Zur spürbar stärkeren Gewalt auch in den Amateurligen gehöre, dass sich diese Gruppen der Einflussnahme der Polizei und Fußballverbände entziehen: "Aktionen werden überwiegend konspirativ vorbereitet." Entsprechend hat sich die Zahl der Straftaten im Umfeld von Fußballspielen binnen Jahresfrist um 50 Prozent auf über 500 erhöht, die Zahl der Verletzten stieg von 62 auf 104.
Die Polizeigewerkschaft GdP verweist nicht nur auf die zunehmende Gewaltbereitschaft der Hooligans, sondern auch auf die wachsende Zahl an Überstunden, allein in Niedersachsen fielen in der vergangenen Fußballsaison rund 170 000 Einsatzstunden an. Die GdP fordert eine Entzerrung der Spielpläne, einheitliche Stadionverbote für Hooligans und mehr Anstrengungen der Vereine auch im Amateurbereich: Schutzzäune, schärfere Einlasskontrollen, mehr Videoüberwachung.