Bildung, Soziales und Justiz gehen an die Liberalen. Union besetzt Innenressort, Finanzen, Wirtschaft und Umwelt.
Kiel. In Schleswig-Holstein hat Schwarz-Gelb die Kurve bekommen. Die CDU lenkte gestern im Krach um die Ministerposten ein und überließ der FDP drei Ressorts (Bildung, Soziales, Justiz). Bis Sonnabend soll der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag stehen.
"Es konnten viele Knoten durchgeschlagen werden", sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) nach dem Spitzentreffen mit der FDP im Kieler Yacht Club. Nach dem Zoff des Vortags blickte auch FDP-Landeschef Jürgen Koppelin nach vorn. CDU und FDP wollten einen Politikwechsel in Schleswig-Holstein und hätten dafür den Rahmen abgesteckt.
CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher strahlte tapfer. Er hatte der FDP nur zwei Ministerien geben wollen und wurde von Carstensen zurückgepfiffen. Die CDU muss sich nun wie erwartet mit vier Ressorts begnügen (Finanzen, Innen, Wirtschaft, Umwelt/Landwirtschaft). Dazu kommt Carstensen als Regierungschef. Koppelin kostete den Sieg auf seine Weise aus. "Die FDP hätte auch gern den Ministerpräsidenten gestellt, das war aber nicht drin", witzelte er.
Punkten konnten die Liberalen auch beim Zuschnitt der Ministerien. Dem Vernehmen nach muss die Kultursparte aus Carstensens Staatskanzlei in das Bildungsministerium ziehen, der Bereich Arbeit und Beschäftigung aus dem Justiz- zurück in das Sozialressort. Die CDU soll im Gegenzug die Europa-Abteilung (bisher Justiz) erhalten. Sie wird wohl der von Carstensen geführten Landesvertretung in Berlin zugeschlagen.
In einem kleinen, aber wichtigen Streitpunkt scheint die CDU hart geblieben zu sein. Die Gesetzesvorlagen der Regierung sollen offenbar wie bisher im Innenressort kontrolliert werden (Verfassungsprüfung) und nicht - wie von der FDP gefordert - im Justizministerium. Die Liberalen hätten damit keinen Einblick in die Pläne der anderen Ministerien, weil es neben der Verfassungsprüfung nur zwei andere Schaufenster in den Regierungsalltag gibt: die Staatskanzlei und das Finanzministerium. Hier wie dort regiert die CDU. In den Bereichen Bildung und Finanzen bleibt es bei den vereinbarten Kompromissen, über Polizei- und Bürgerrechte wird in Kiel noch weiter gefeilscht. Die Ergebnisse sollen heute in der großen Koalitionsrunde beraten werden.
Echte Knackpunkte sind nicht in Sicht. Am Sonnabend wollen Carstensen und Koppelin den Koalitionsvertrag vorstellen und ihn am folgenden Wochenende auf Parteitagen von CDU und FDP absegnen lassen. Am 27. Oktober soll der neue Landtag erstmals zusammentreten und Carstensen zum Ministerpräsidenten wählen.
Hinter dem schwarz-gelben Zeitplan steht allerdings ein dickes Fragezeichen. Die Landtagsfraktionen von SSW und Grüne wollen bereits in diesen Tagen eine Normenkontrollklage beim Landesverfassungsgericht einreichen, um die Mandatsverteilung im Kieler Landtag anzufechten. Da die Klage mit einem Eilantrag verbunden ist, könnte das Verfassungsgericht schon in der nächsten Woche entscheiden. Hintergrund: CDU und FDP haben im Kieler Landtag nur deshalb eine Mehrheit (49 von 95 Mandaten), weil von den elf CDU-Überhangmandaten lediglich acht ausgeglichen wurden. Dieser Teilausgleich verstößt aus Sicht von Grünen und SSW gegen die Landesverfassung. Nach deren Artikel 10 muss das Wahlgesetz "für den Fall des Entstehens von Überhangmandaten Ausgleichsmandate vorsehen".
Unterstützung erhalten Grüne und SSW von der Linkspartei. Ihre Landtagsfraktion will sich Ende des Monats der Klage anschließen. Die Sitzverteilung sei verfassungswidrig, sagte der Justiziar der Linksfraktion im Bundestag, Wolfgang Neskovic. Der Jurist, einst Richter in Lübeck, erinnerte daran, dass CDU und FDP keine Mehrheit der Zweitstimmen haben. Sie verbuchten bei der Wahl vor knapp drei Wochen rund 27 000 Stimmen weniger als SPD, Grüne, SSW und Linkspartei.
Klar ist, dass Schleswig-Holstein ein langer Streit um die Mandatsverteilung bevorsteht.