CDU-Ministerpräsident und FDP-Fraktionschef wollen eine Regierung bilden - ohne größere Sticheleien wird das aber nicht abgehen.

Kiel. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) schwebt im siebten Himmel. In den nächsten Jahren möchte er mit FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki Schleswig-Holstein endlich einmal harmonisch regieren. Im Landeshaus wird Carstensen derweil schon ein böses Erwachen prophezeit, weil Kubicki in vielem SPD-Chef Ralf Stegner ähnelt. Es wird sich zeigen - aber nicht heute, am ersten Tag der Koalitionsverhandlungen.

"Beide sind aus demselben Holz geschnitzt", weiß SSW-Fraktionschefin Anke Spoorendonk. Der Unterschied zwischen Stegner und Kubicki sei, dass der eine mit der Keule und der andere mit dem Florett arbeite. Gemein ist den beiden Intellektuellen, dass sie gern über vermeintlich minderbegabte Politiker lästern. Zu ihren Lieblingsopfern gehört Carstensen.

Der FDP-Fraktionschef hat so nie einen Hehl daraus gemacht, dass er den Regierungschef eher für einen politischen Leichtmatrosen hält. Carstensen mache sich hervorragend als "König von Schleswig-Holstein", spottete Kubicki einst. "Was die politische Gestaltungsfähigkeit angeht, da ist Peter Harry Carstensen eher unterdurchschnittlich."

In Richtung Gürtellinie zielte der Rechtsanwalt auch Ende 2008. Damals warf er dem Regierungschef im Landtag vor, nichts gegen die Finanzkrise zu tun. "Durchlächeln durch diese Krise wird nicht reichen." Carstensen traf das ins Mark. Kubicki folge seinem Motto, lieber einen Freund als eine Pointe zu verlieren, frotzelt Stegner über sein Alter Ego. Für Kubicki sind selbst Parteifreunde kein Tabu. Seinen Fraktionskollegen Ekkehard Klug, der vom Job des Schulministers träumt, klopfte Kubicki einst väterlich auf die Schulter: "Ekki, nur Dumme wollen Minister werden."

In dem derben Scherz steckt für Kubicki ein wahrer Kern. Der umtriebige Strafverteidiger müsste bei einem Wechsel an den Kabinettstisch seine Kanzlei aufgeben. Und allein vom Ministergehalt könne und wolle er nicht leben, erzählt er gern.

Für Carstensen sind das keine guten Vorzeichen. Er kann zwar am schwarz-gelben Kabinettstisch regieren, muss aber alle wichtigen Beschlüsse mit dem FDP-Fraktionschef abstimmen. Zudem gilt für Kubicki dasselbe wie in der Großen Koalition für Stegner. Ein Fraktionschef unterliegt nicht der Kabinettsdisziplin, kann also auch öffentlich lästern.

Der Ministerpräsident wischt solche Warnungen vom Tisch. Er baut auf sein "freundschaftliches Verhältnis" zu Kubicki. Der FDP-Fraktionschef gibt sich derweil ungewohnt milde. Die Menschen würden eine erfolgreiche Regierung erwarten, meint er. "Diese Erwartung will ich erfüllen."

Wie lange die guten Vorsätze halten, ist im Landeshaus umstritten. Bei CDU und FDP hofft man, dass Lästermaul Kubicki sich selbst einen Maulkorb verpasst und vorerst genug damit zu tun hat, seine Riesenfraktion (15 statt vier Abgeordnete) einzunorden. Die anderen Parteien gehen davon aus, dass über kurz oder lang zwischen Carstensen und Kubicki die Fetzen fliegen. "Nur in der Fabelwelt können sich Bär und Fuchs gut verstehen", erklärt Spoorendonk.

Die Fraktionsmanagerin der Grünen, Monika Heinold, erwartet, dass Kubicki es zunächst bei "einigen flotten Sprüchen" belässt. Richtig Krach gebe es frühestens in ein bis zwei Jahren. Stegner nennt keinen Zoff-Zeitpunkt, ist aber sicher, dass es bei Schwarz-Gelb knallt. Carstensens "Stressresistenz" sei begrenzt.