Ein Blick auf große Vorhaben im Norden: Für manche fehlt nun das Geld, bei anderen legt sich die Politik quer.
Schleswig/Kiel. Private Millioneninvestitionen sollen Schleswig-Holstein in den kommenden Jahren voranbringen. Doch die Finanz- und Wirtschaftskrise sowie politische Entscheidungen lassen manchen Plan entweder ins Wasser fallen oder schrumpfen. Am härtesten trifft es Schleswig. Dort steht ein ganzer Stadtteil mit geplanten Investitionen von 150 Millionen Euro auf der Kippe.
In der Stadt an der Schlei hat sich die Hamburger Buss-Gruppe aus dem 150-Millionen-Euro-Projekt "Auf der Freiheit" zurückgezogen, nachdem der Bau von 14 Hausbooten nicht möglich ist. Sie sollten vor dem Grundstück der kürzlich eröffneten dänischen Schule ihren Platz finden. Der A.P.Möller-Fonds, der die Schule errichtet hatte, stimmte dagegen. Auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände "Auf der Freiheit" an der Schlei soll auf 56 Hektar ein Stadtteil für etwa 1000 Bewohner entstehen.
Während Schleswig noch auf neue Investoren hofft, ist ein Projekt für das alte Militärgelände in Eggebek (Kreis Schleswig-Flensburg) gescheitert. Die Gemeindevertreter stimmten gegen den Bau einer Windkraftanlage auf einem ehemaligen Nato-Flugplatz. Ursprünglich sollten drei Anlagen mit einer Höhe von 180 und 146 Metern errichtet werden. Dies hatte die Gemeinde schon im Juli abgelehnt. Der nun ebenfalls verhinderte Kompromiss sah eine Forschungsanlage mit 146 Metern und zwei weitere Anlagen vor. Die Firma Tower Schleswig-Holstein GmbH, die einen ganzen Technologiepark auf dem Gelände betreiben wollte, kündigte Schadenersatzforderungen an.
Beim größten Bauprojekt im Norden läuft dagegen alles nach Plan. "Die Finanzkrise hat keinen Einfluss", sagte Jaska Harm, Chefplaner und Mitinvestor des Feriendorfes Port Olpenitz bei Kappeln. Bis 2013 sollen auf dem Gelände des ehemaligen Marinestützpunktes für rund 500 Millionen Euro Ferienhäuser, Hotels, ein Schwimmbad, Restaurants, ein Golfplatz und Skilanglauf-Loipen entstehen. Eine Marina mit 2500 Liegeplätzen und eine Schiffshalle sind geplant.
Ganz ohne "Nebengeräusche" geht es jedoch in Olpenitz nicht: Bis März will das Oberverwaltungsgericht Schleswig über eine Klage von Naturschützern entscheiden, die im Bebauungsplan europäische Rechtsgrundsätze wie Vorschriften zum Vogelschutz nicht berücksichtigt sehen.
In Kiel planen die Stadtwerke und E.on den Bau eines Kohlekraftwerks für eine Milliarde Euro: "Die Planungen werden ungeachtet der Finanzkrise vorangetrieben", sagte der Sprecher der Stadtwerke, Wolfgang Podolske. "Der Neubau eines Kohlekraftwerks ist für Kiel und für die Zukunft der Energieversorgung unabdingbar." Das Kraftwerk soll 800 Megawatt Strom liefern - mehr als doppelt so viel wie das bestehende am Ostufer.
Das größte Bauvorhaben in Lübeck ist die "Hafencity", die auf der nördlichen Wallhalbinsel entstehen soll. Eine Gruppe isländischer Investoren will für etwa 160 Millionen Euro Wohn- und Geschäftshäuser errichten. Nach einem Masterplanwettbewerb sind noch zwei Entwürfe für die Gestaltung des rund 70 000 Quadratmeter großen Areals im Rennen. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise, von der Island besonders betroffen ist, werde man die Zahlungsfähigkeit der Investoren sehr genau unter die Lupe nehmen, sagte Dirk Gerdes, der Geschäftsführer des Koordinierungsbüros Wirtschaft Lübeck.
Auf der Halbinsel Priwall in Lübeck-Travemünde will der dänische Investor Sven Hollesen für rund zwölf Millionen Euro Ferienwohnungen, Hotels und ein Schwimmbad errichten. Die Pläne für die "Waterfront Priwall" sind jedoch unter den Parteien der Lübecker Bürgerschaft umstritten. Deshalb soll über den Bebauungsplan erst 2009 entschieden werden. Auch das zweite große Vorhaben für Travemünde, der Abriss des seit Jahren geschlossenen Spaßbades "Aqua Top" und der Neubau eines Hotels an dieser Stelle, liegt wegen politischer Querelen auf Eis.
Im Süden des Landes hat die Gemeindevertretung von Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) in diesem Jahr die Planungen für ein großes Baugebiet gestoppt. Die Politiker sahen keinen Bedarf mehr für einen neuen Stadtteil, in dem einmal mehr als 4000 Menschen leben sollten, nachdem bereits umfangreiche Planungen und sogar eine Flächenumgemeindung abgeschlossen waren. Im Nachbarort Kaltenkirchen verzögert sich die Bebauung des Bahnhofsumfeldes in der Stadtmitte. Dazu hat der Investor seine Pläne so weit reduziert, dass inzwischen keine Fraktion mehr einverstanden ist.