Die radioaktive Verseuchung der Salzlauge stammt offenbar von der Lagerkammer 12 in 700 Meter Tiefe.

Hannover/Wolfenbüttel. Im Atommüllendlager Asse bei Wolfenbüttel gibt es ein weiteres Problem: Anders als der Betreiber bislang glaubte, ist die Verseuchung mit Caesium-137 in mehr als 700 Meter Tiefe nicht auf einen Betriebsunfall mit einem einzelnen leckgeschlagenen Fass Anfang der 70er-Jahre zurückzuführen. Vielmehr steht jetzt durch ein neues Gutachten des Forschungszentrums Jülich fest, dass die benachbarte Lagerkammer 12 der Ausgangspunkt für die Caesiumbelastung ist. Im Auftrag des Bundes ist das Helmholtz-Zentrum in München Betreiber des Versuchsendlagers. Auch gestern kam von dort wieder die Versicherung, es bestehe keine Gefahr für die Umwelt.

Offen aber ist, ob die neue Situation Auswirkungen auf den geforderten Nachweis der Langzeitsicherheit bei der beabsichtigten Schließung des Bergwerks hat. Das Gutachten, mit dem die bisherige Annahme zu den Ursachen der Caesium-Belastung widerlegt wurde, hat gestern das niedersächsische Umweltministerium veröffentlicht. Dieses Gutachten wiederum ist ein Teil eines umfangreichen Programms, mit dem Bund und Land derzeit versuchen, die Situation in dem alten Salzbergwerk zu ergründen und Handlungsoptionen zu gewinnen. So soll Ende des Monats endlich ein Prüfbericht über die Kontrolle aller bisherigen Annahmen, wie viel schwach und mittel aktiver Atommüll tatsächlich in der Asse steckt, vorliegen. Dort sind 126 000 Fässer eingelagert worden. Grüne und Linkspartei glauben, dass dorthin in den Jahren der Anlieferung von 1967 und 1978 verbotenerweise auch stark strahlende Abfälle gebracht wurden. Sollte sich das bestätigen, wäre die von den Atomkraftgegnern geforderte Rückholung der Abfälle noch schwieriger. Das Bundesamt für Strahlenschutz erstellt derzeit ein Gutachten, ob dies überhaupt möglich ist.

Die Option einer Rückholung hängt außerdem an dem dritten wichtigen Gutachten, an dem gearbeitet wird. Geklärt werden muss, ob das einsturzgefährdete riesige Grubengebäude in einer Tiefe von 400 bis 800 Metern unter der Erde überhaupt noch einmal über das Jahr 2013 hinaus stabilisiert werden kann. Ist dies nicht möglich, bleibt nur eine schnelle Schließung. Die gilt als problematisch, weil seit 1988 täglich rund zwölf Kubikmeter Lauge in das Bergwerk eindringt. Und Flüssigkeit birgt die Gefahr, dass langfristig das Grundwasser radioaktiv verseucht wird.