Die Gäste aus aller Welt bekommen ausgesuchte regionale Speisen auf den Tisch. In der Küche probt die Mannschaft bereits für das Treffen im Juni.

Heiligendamm. Die ersten Menüvorschläge hat er inzwischen beim Auswärtigen Amt abgeliefert. "Was es genau ist, darf ich nicht sagen", sagt Tillmann Hahn (38) und lächelt verschwörerisch nett. Noch ist der Küchenchef des Kempinski Grand Hotel Heiligendamm gelassen. Dabei soll der Sternekoch die großen acht beim Weltwirtschaftsgipfel bekochen. Das sei nicht anders als sonst, sagt Hahn und streicht sich über die blütenweiße Jacke. "Naja, vielleicht gibt man doch ein bisschen mehr Aufmerksamkeit in die Sache." Erfahrungen aus dem vergangenen Sommer, als US-Präsident Bush schon einmal in Heiligendamm nächtigte. "Der ist nicht mit Leibkoch gekommen", erinnert sich Hahn. Allerdings sei die fast 50-köpfige Mannschaft in der Hotelküche genau beobachtet worden. Nun sind es acht Staatsgäste und die ganze Welt schaut in den Nordosten Deutschlands. "Da will man natürlich das Land repräsentieren", sagt der Koch, der vor vier Jahren aus dem württembergischen Wertheim an die Ostsee kam.

Also werden regionale Produkte auf den Tisch im Ballsaal kommen. Lamm und Kartoffeln aus dem hauseigenen Gut Vorderbollhagen, Ostseefisch oder in Rostock gezüchtete historische Tomaten. Bodenständig und lustvoll. "Natürlich wollen wir auch die Kulturen der Gastländer einfließen lassen." Genaues lässt er sich nicht entlocken. Nur das: "Ich bevorzuge eine handwerklich gemachte Küche." Er, betont der Mann mit dem akkuraten Seitenscheitel, sehe sich als Handwerker.

Wenn man Hahn, der durchs Mitkochen am mütterlichen Herd und Schülerjobs in einem Landgasthof zu seiner Berufung fand, beim Zucchinischnippeln sieht, glaubt man's. Winzig kleine, fast ebenmäßige Würfel bringt er mit dem großen Messer zustande. Da, eins ist ein bisschen groß geraten. Sofort wird auch das den anderen gleichgemacht. Um ihn herum dampfen die Töpfe. Sein Sous-Chef führt einen Teller mit Sashimi aus rohem Zander mit heißem Erdnussöl vor, drumherum drapiert ein Karöttchen, Wildkräutersalat und marinierte Walnüsse mit Soße. Hahn guckt zufrieden, in der Küche herrscht ein lockeres Klima.

Drei bis vier Gänge, "normale Arbeitsessen", meint Hahn, werden er und seine Leute an den drei Gipfeltagen kochen. Noch wisse er allerdings gar nicht, wie viele Menschen überhaupt satt werden sollen. Vielfalt ist ihm wichtig, die Qualität der Zutaten. Alles andere wolle er auf sich zukommen lassen.

Da merkt man die Erfahrung. Zwar startete der gebürtige Hesse erst mit 22 Jahren nach abgebrochem Studium der Wirtschaftsingenieuerwissenschaften seine Kochkarriere, doch dann ging es steil bergauf. Er lernte in den Wertheimer Schweizer Stuben, nach Stationen im Hamburger Landhaus Scherrer und im Marinas landete der kreative Koch in Hongkong. Im Fünf-Sterne-Hotel Mandarin Oriental kochte er sich an die Spitze, bevor er - mit seiner Frau Pairat (32) - zurück nach Wertheim ging und sich den ersten Michelin-Stern holte. Danach ging es nach Norden. "Heiligendamm", sagt er, "war Liebe auf den ersten Blick." Mit seiner Familie, dazu gehören Helena (7) und Konstantin (1), wohnt er in einer Jugendstil-Villa in Bad Doberan.

Fünf Tage die Woche steht er von 11 bis 23 Uhr in der Küche des "Franz Ferdinand". Inzwischen hat er auch einen Stern ins Heiligendammer Gourmetrestaurant geholt. "Eine kleine Anerkennung", quittiert er das bescheiden, "aber das ist ja kein persönlicher Stern, sondern belohnt die Teamleistung." So sieht er auch die Gipfeltage. Über seine Menüvorschläge entscheidet Frau Merkel, und dann wird gekocht.