Trinwillershagen. Klaus Dieter Tahn kann es immer noch nicht recht glauben. "Es klingt verrückt, aber die Leute kommen, um sich vor unserem Ortsschild fotografieren zu lassen", berichtet der Bürgermeister von Trinwillershagen (Nordvorpommern). "Und es kommen Gäste, die sich sonst nie zu uns verirrt hätten". Tahn hofft, die segensreichen Effekten eines außergewöhnlichen Grillfestes im vergangenen Juli in die nächsten Jahre hinüberretten zu können. Zum Beispiel sollen Kreuzfahrtgäste aus den USA, wenn sie in Rostock-Warnemünde anlegen, statt per Bus nach Berlin zu hetzen, lieber in Trinwillershagen Wildschwein vom Grill essen - so wie ihr Präsident George W. Bush als Gast von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die ersten Prospekte sind in Arbeit.

Seit Juli hat Olaf Micheel zahlreichen Gästen gezeigt, wo auf seiner Terrasse an jenem lauen Sommerabend der US-Präsident sich bei alkoholfreiem Bier mit regionalen CDU-Größen über Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) und Freikörperkultur (FKK) in der DDR unterhielt. "Sie wollen genau wissen, wo der Präsident gesessen hat", erzählt der gewitzte Wirt der Gastwirtschaft "Zu den Linden", der nie an den Vorteilen des Bush-Besuchs gezweifelt hat. Die Gäste kommen allein oder in Gruppen per Bus sogar aus Dänemark. Stolz zeigt Micheel den Neugierigen seinen "Bush-Koffer". Darin bewahrt er unter anderem die Dankesschreiben des Präsidenten, des US-Botschafters in Berlin und der Kanzlerin sowie einen Kugelschreiber aus dem Weißen Haus und Gedenkmünzen auf. Ab fünf Personen serviert Micheel "Wildschwein à la Bush". Deutlich mehr Umsatz als 2005 habe er gemacht, räumt Micheel ein. Mehr Termine hat ihm der Bush-Besuch ebenfalls beschert. Beim NDR-Fernsehen durfte er im Nachmittagsprogramm kochen, und Stern-TV hat für eine Sendung im Frühjahr angefragt.

Trinwillershagens Gäste will Bürgermeister Tahn jedoch nicht nur Wildschwein vorsetzen lassen. Das Dorfmuseum, das immer noch Traditionskabinett heißt, soll erweitert werden, um die Bush-Erinnerungsstücke aufzunehmen. Lange vor Bush waren DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl, SED-Parteichef Walter Ulbricht, dessen letzter Nachfolger Egon Krenz und selbst manches Mitglied des Politbüros der KPdSU in dem DDR-Vorzeigedorf zu Besuch. Bereits 1952 gab es in Trinwillershagen kaum noch selbstständige Bauern. Sie waren alle mehr oder weniger freiwillig in die LPG "Rotes Banner" eingetreten, eine der ersten LPG der DDR. Ihre Erfolge bei der sozialistischen Planerfüllung wurden vom Staat frühzeitig mit Landmaschinen und einem besonders großen Haus der Kultur belohnt. Einen alten 8-Millimeter-Schmalfilm aus jener Zeit will Tahn auf CD-ROM brennen lassen. Auch an die Erweiterung der Wander- und Reitwege in der Umgebung denkt er.

Die Debatte um die Kosten für den Bush-Besuch in Mecklenburg-Vorpommern des bevorstehenden G-8-Gipfels im nahen Ostseebad Heiligendamm im Juni 2007 können Tahn und Micheel nicht nachvollziehen. Solch hervorragende Möglichkeit, "die Welt zu uns einladen zu können, bekommen wir nicht so schnell wieder", sagt der Bürgermeister, "Mecklenburg-Vorpommern muss die Chance nutzen."