Nach der Wende gab er nicht auf, sondern schuf Arbeitsplätze als Busunternehmer. Dafür wird er jetzt offiziell geehrt.
Boizenburg. Arbeitslosigkeit, Frust, Resignation - so sieht das Nachwende-Leben manches Ex-DDR-Bürgers aus. Euphorie und Elan sind in den vergangenen 17 Jahren deutsch-deutscher Geschichte oftmals auf der Strecke geblieben. Aber es gibt Ausnahmen. Wie den Transportunternehmer Christian Oswald (57), dem heute in Boizenburg die Siegerurkunde im Mittelstandswettbewerb "Mutmacher der Nation" für Mecklenburg-Vorpommern verliehen wird.
Der waschechte Boizenburger, dessen Arbeitsplatz gleich nach der Wende wegrationalisiert wurde, ist mittlerweile Eigentümer von zwei großen Transportunternehmen: der "Go-Trans" in seiner Mecklenburger Heimatstadt und der "Zerbin Busreisen" in Geesthacht. Oswald managt heute 250 Beschäftigte und 230 Fahrzeuge.
Ein Lada-Kombi und ein Trabi dienten dem couragierten und ideenreichen Boizenburger 1990 als "Startkapital" für das erste Taxi-Unternehmen. Wenig später erweiterten ein VW-Transporter und ein alter Opel den Fuhrpark - für 2000 D-Mark und 500 D-Mark erworben. Das Geld dafür beschaffte er sich durch den Verkauf von Zierfischen in Lüneburg.
Nach einem Jahr gab es bei "Go-Trans" bereits 15 eigene Fahrzeuge und neun gemietete Laster, "um zu sehen wie es läuft", erklärt Oswald. Nebenbei richtet er eine Werkstatt für seine Fahrzeuge ein. Daraus entwickelte sich ein regulärer Meisterbetrieb, in dem auch Fremdautos gewartet und repariert werden. Das expandierende Unternehmen schafft sich Busse an und steigt vom Warentransport auf den Personenreisedienst um. Gewinne steckt Oswald nach wie vor direkt in die Firma. So kaufte er 1996 den Geesthachter Busbetrieb Zerbin und vergrößerte damit seinen Fuhrpark auf hundert Fahrzeuge und ebenso viele Angestellte. Danach habe er sich dann nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch in Hamburg und Niedersachsen "umgesehen". Mit dem Ergebnis, dass das Boizenburger Unternehmen heute in vier Bundesländern aktiv ist. In Hamburg ist er Marktführer bei den Behindertenfahrten. Demnächst soll in Geesthacht der Grundstein für eine neue Werkshalle gelegt werden, in der Fahrzeuge behindertengerecht umgebaut werden.
Der erfolgreiche Unternehmer fühlt sich ein wenig wie ein "hanseatischer Kaufmann". Tatsächlich hat er familiäre Wurzeln in Hamburg: Der Urgroßvater Fritz Thomae, ein Reeder, baute sich am Boizenburger Schlossberg eine repräsentative Villa; der Großvater, ein talentierter Villeroy-&-Boch-Keramiker, nahm sich eine Boizenburgerin zur Frau, siedelte sich in deren Geburtsort an und stieg beim Fliesenwerk als Geschäftsführer ein. "Meine Großmutter nannte Boizenburg den Möchtegern-Vorort von Hamburg", erinnert sich Oswald, der, wie seine Eltern, der Kleinstadt an der Elbe treu geblieben ist.
Nach seiner Unternehmensphilosophie gefragt, sagt Oswald: "Ich packe nur etwas an, für das man viel Akribie braucht. Leichte Sachen kann jeder, mit wenig Aufwand viel Geld machen, ist nicht mein Ding."