1995: Die Kampagne gegen die Versenkung der Ölplattform

Hamburg. Ein riesiges, 40 Meter hohes, gelb-rotes Stahlungetüm in der Nordsee, kleine Schlauchboote auf dem Meer - so begann genau vor zehn Jahren die Greenpeace-Kampagne gegen die Versenkung der Öl-Verlade-Plattform "Brent Spar". Heute bilden Teile der gereinigten Außenhülle die unauffällige Grundlage für eine Kaianlage in der Nähe von Mekjarvik bei Stavanger (Norwegen). Das Ergebnis der 52 Tage dauernden Auseinandersetzung, die die Verbraucher in Deutschland aktivierte wie keine zweite. Umfragen ergaben damals, daß drei Viertel der Bundesbürger zu einem Boykott von Shell, Betreiber von "Brent Spar", bereit waren.

"Die Kampagne zeigte, daß die Macht der Verbraucher so groß sein kann, daß ein Weltkonzern seine Politik ändern muß", resümierte Dr. Christian Bussau von Greenpeace am Freitag. Er gehörte zu den Greenpeace-Mitgliedern, die die "Brent Spar" enterten und eine Entsorgung an Land forderten. "Es ging darum, einen Präzedensfall zu verhindern." Denn "Brent Spar" war die erste von insgesamt 400 Plattformen, die nach Ende ihrer Betriebszeit entsorgt werden mußten. "Wären wir nicht erfolgreich gewesen, wären wohl alle in der Tiefsee gelandet", so Bussau. "Aber 1998 beschlossen die Anrainerstaaten des Nordost-Atlantiks, daß keine ausgedienten Plattformen versenkt werden dürfen. Damit war diese Kampagne erst abgeschlossen."

Gleichwohl bleibt auch zehn Jahre später, nachdem zehn weitere Plattformen an Land zerlegt worden sind, viel zu tun. "Denn das Meer vor unserer Haustür ist in einen Industriestandort umgewandelt worden. Lärm, Gestank und hohe Schadstoffbelastung von Luft und Wasser sind die traurigen Begleiterscheinungen", sagte Karsten Smid von Greenpeace. Im März dieses Jahres überflog Smid 17 Plattformen im Nordost-Atlantik. "Bei vier Plattformen sahen wir, wie sich von ihnen ein langer Ölfilm ausbreitete. Er entsteht, wenn Produktionswasser abgelassen wird. Von den 540 Plattformen fließen jährlich etwa 14 000 Tonnen Öl in die Nordsee - das entspricht einem Tankerunfall pro Jahr", sagte Smid und kündigte Initiativen an, um den Schadstoffausstoß deutlich zu verringern. Zudem fordert Greenpeace, großflächige Schutzgebiete, in denen die Ölförderung untersagt ist, damit das Meer sich erholen kann.