Nur drei von 22 Fällen führten zur Verurteilung. Der Richter rügt schwere Fehler bei der Ermittlung.

Itzehoe. Den Blick auf den Boden gerichtet und im Laufschritt - so verließ gestern Uwe B. (62) das Gebäude des Landgerichts Itzehoe. Das war der fluchtartige Abgang des Mannes, der kurz zuvor wegen Kindesmissbrauchs zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden war. Das Ende eines Prozesses, der nach 39 Verhandlungstagen und 15 Monaten Dauer viele Beteiligte verbittert zurückließ.

Die Anklage gegen Uwe B., der bis vor Kurzem in Hamburg-Stellingen lebte, wog schwer: 22 Fälle von Kindesmissbrauch, davon 20 sexueller Natur, begangen zwischen Anfang 2005 und Sommer 2006. Die Opfer: acht Kinder im Grundschulalter. Der Tatort: ein Kinderhort in Elmshorn, den die Ehefrau des 62-Jährigen leitete.

Eine Gutachterin erachtete alle Opfer für glaubwürdig. Weil die Sachverständige jedoch von der Verteidigung erfolgreich als befangen abgelehnt wurde, wurde mit der Kieler Psychologin Petra Hänert eine neue Expertin berufen. Die hielt die Kinder auch für glaubhaft, stufte jedoch die Aussagen von sieben der acht Opfer als unverwertbar ein, weil diese möglicherweise beeinflusst worden seien.

Verantwortlich dafür ist ausgerechnet eine Opferhilfeeinrichtung. So hatte der Träger des Hortes nach Bekanntwerden erster Vorwürfe und nach Absprache mit Polizei und Staatsanwaltschaft den Elmshorner Verein "Wendepunkt" eingeschaltet, der auf Hilfe für Gewaltopfer spezialisiert ist. Dessen Mitarbeiter sprachen im großen Kreis mit den Kindern über die Missbrauchsvorwürfe. Erst anschließend sagten mehrere von ihnen bei der Polizei gegen Uwe B. aus.

Bei einem anderen Kind, das schon vor den sogenannten Stuhlkreisen vernommen worden war, rügte die Sachverständige die "suggestive Befragung" durch eine Kriminalbeamtin. Auf diese Weise konnte der Angeklagte letztlich nur für drei Taten zur Verantwortung gezogen werden.

"Wir haben Sie in den anderen Punkten nicht freigesprochen, weil wir Sie für unschuldig halten", so Richter Eberhard Hülsing. Die Kammer sei sicher, dass alle Kinder "subjektiv die Wahrheit gesagt haben". Jedoch hätten die Fehler im Ermittlungsverfahren und strenge Vorgaben des Bundesgerichtshofs eine Verurteilung verhindert. Hülsing: "Es bleibt ein schaler Nachgeschmack."

Offenbar auch für Uwe B. Der 62-Jährige, der im Verfahren die Aussage verweigert und erst in seinem letzten Wort seine Unschuld beteuert hatte, will in der nächsten Instanz einen Freispruch erzwingen.