Soldaten seilen sich auf Frachter ab, um sie nach Waffen zu durchsuchen. Das Abendblatt war beim Training dabei.
Eckernförde. Sein Klarname ist geheim, sein Auftrag gefährlich: Der Marinesoldat Nico G. (23) gehört zu der kleinen deutschen Spezialeinheit, die derzeit im Indischen Ozean verdächtige Daus wie Frachter entert und sie nach Waffen durchsucht. Zwei solcher Auslandseinsätze, die sich über Monate hinziehen, hat er schon mitgemacht - und sie bis auf ein paar Kratzer heil überstanden.
"Die Spannung steigt enorm, bevor man auf ein fremdes Schiff geht", erzählt der Hauptgefreite der "Boarding-Kompanie" des SEKM im Marinestützpunkt Eckernförde. "Keiner weiß ja, was einen da alles erwartet." Auf fast jedem Schiff gebe es außer der Leuchtpistole auch andere Waffen, vom Revolver bis zum Maschinengewehr, meist zur Selbstverteidigung gegen Piraten.
Kompaniechef Christian Dürr weiß um das Risiko, stellt aber klar, dass seine Boarding-Teams keine Himmelfahrtskommandos übernehmen. Die Teams, immer zehn Soldaten, gehen nur an Bord eines Schiffes, wenn dessen Kapitän zuvor per Funk zugestimmt oder sich zumindest nicht offen feindselig gezeigt hat. Hängt er keine Lotsenleiter über Bord, seilen sich die Marinesoldaten von einem Helikopter in wenigen Sekunden ("Fast-Roping") aufs Deck ab.
"Das ist gar nicht so schlimm", erzählt Nico G. Aus dem Hubschrauber scheine das Deck ganz nah. Außerdem sei das Abseilen bequemer, als mit der 20 Kilo schweren Ausrüstung bei 30 Grad Hitze über eine wackelige Strickleiter an Bord zu klettern. Beide Entervarianten werden in Eckernförde immer wieder trainiert - an der großen Kletterwand und am stählernen, zwölf Meter hohen Abseilturm.
Nico G. rauscht vom Turm nach unten. Kaum auf dem Boden, sprintet er einige Meter, geht in die Hocke und sichert sofort mit dem Gewehr die Umgebung. In Eckernförde wirkt das komisch, vor Afrika kann es Leben retten. Verwundete oder gar Tote hat die Elite-Kompanie bisher nicht zu beklagen, obwohl sie vor ihrem Einsatz im Indischen Ozean schon im Mittelmeer "boardete". Nico G. war 2007 an Bord der Fregatte "Lübeck" dabei, bevor er 2008 auf der Fregatte "Emden" erstmals vor Afrika patrouillierte, Waffen und Drogen aufspürte. Meist muss die Marine die Schiffe weiterfahren lassen, weil der Kampf gegen Schmuggler nicht zu ihren Aufgaben gehört. In solchen Fällen werden aber die Behörden in den Zielhäfen der Schiffe informiert. Ganz zufrieden ist der Kompaniechef dennoch nicht. Seine Boarding-Truppe hat eine Sollstärke von zehn Teams (100 Soldaten), kann derzeit aber nur sechs aufbieten. "Es gibt nicht so viele Leute, die die körperlichen Voraussetzungen mitbringen", erläutert Kapitänleutnant Dürr. Derweil freut sich Nico G. auf seinen nächsten Einsatz. "Es macht viel Spaß, auch weil Action dabei ist." In einigen Monaten werde es losgehen, vermutlich wieder vor die Küste Afrikas.