Kempinski gibt das Management des Grandhotels mit sofortiger Wirkung auf nach Streit über Service und Geld. Die Fundus-Gruppe will das Haus jetzt weiterführen.

Heiligendamm. Die Bilder von Angela Merkel vor der weißen Fassade des Grandhotels Heiligendamm gingen um die Welt. Eineinhalb Jahre ist es her, dass der G8-Gipfel an der mecklenburgischen Ostseeküste tagte. Der französische Premier Nicolas Sarkozy zeigte sich von der "weißen Stadt am Meer" begeistert, ebenso wie Ex-US-Präsident George W. Bush oder Russlands damaliger Staatschef Wladimir Putin. Viel internationales Flair, das der Luxusherberge eine gute Zukunft hätte bescheren können. Doch mit dem gestern verkündeten Ausstieg der Kempinski-Gruppe aus dem Management des 400-Betten-Hauses türmen sich dunkle Wolken über Deutschlands ältestem Seebad.

Insider sprechen von einem "enormen Imageschaden". Kempinski-Vorstandsmitglied Markus Semer hatte die Trennung von der Grand Hotel Heiligendamm GmbH & Co. KG, einer Tochter der Dürener Fundus-Gruppe, mit Vertragsbrüchen begründet. So seien 1,1 Millionen Euro Managementgebühren nicht bezahlt worden. Auch habe es Streit gegeben über die "ständige Einmischung in den laufenden Hotelbetrieb" und um nicht erfolgte Investitionen etwa für ein neues Wellnesszentrum und die Sanierung der historischen Villen. Auf dieser Grundlage sei der Qualitätsanspruch der Kempinski AG nicht aufrechtzuerhalten gewesen.

Tatsächlich krankt das Fünf-Sterne-Haus schon seit der Eröffnung im Juni 2003. Die Auslastung lag in den ersten vier Jahren nur bei etwa 40 Prozent. Kurz vor dem G8-Gipfel feuerte Investor Anno August Jagdfeld, zugleich Geschäftsführer von Besitzer Fundus und der Betreiber GmbH, den von Kempinski bestellten Hotelchef und setzte einen eigenen Mann ein. Die knapp 2000 Anleger des 130-Millionen-Euro-Fonds waren unruhig geworden. Nach dem Gipfel stieg die Auslastung zwar auf 65 Prozent. Trotzdem wurden große Projekte wie der Wiederaufbau der für den Gipfel abgerissenen Villa Perle oder der Bau einer Tiefgarage verschoben. Dazu kamen weitere schlechte Nachrichten für das Renommierobjekt, wie die Querelen mit der Stadt Doberan um die Zugangsbeschränkungen für Heiligendamm oder die Verurteilung eines Ex-Geschäftsführers der Entwicklungsgesellschaft wegen Betrugs und Untreue. Nun sollen die teils stark sanierungsbedürftigen Villen am Strand an Einzelinvestoren verkauft werden. "Man kann nur hoffen, dass das klappt", sagt Doberans Bürgermeister Hartmut Polzin sorgenvoll.

"Es ist zu sehen, dass das Hotel nicht läuft", sagt der Bad Doberaner Architekt Hannes Meyer, der in der investorenkritischen Bürgerinitative "Öffentlichkeit für Heiligendamm" aktiv ist. Hotelgäste seien kaum zu sehen, alles sei abgeriegelt. "Das ist ein toter Ort."

Die Auslastung sank inzwischen wieder auf gut 50 Prozent, so die Kempinski AG. Mit Dumping-Angeboten versucht sich das Haus gegen den Trend zu stemmen. Doch im Internet (HolidayCheck) gibt es mehr Tadel als Lob, wird der schlechte Service kritisiert. Restaurantkritiker Wolfram Siebeck hat das Kurhaus-Restaurant im "Zeit"-Magazin gerade abgestraft ("Tütensuppe und Schaschlik mit Kanistersoße"). Fast trotzig kündigte der neue Generaldirektor und Fundus-Manager Martin Smura nach dem Kempinski-Rückzug gestern an, dass der Betrieb normal weitergehe. Er begrüße die Trennung, kritisierte aber die Vorgehensweise. Eine neue große Hotelgruppe soll nicht einsteigen. Laut Smura haben die Gesellschafter im Dezember eine schrittweise Kapitalerhöhung von 40 Millionen Euro beschlossen.